TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau - SKV 33: 40

29.10.2016, Großsporthalle Schwäbisch Gmünd

Klassenerhalt geschafft. TopScorer Philipp Herder.

In einem spannenden Wettkampf konnte die SKV erst am letzte Gerät den Sieg perfekt machen. Dank einer sicheren Übung von Tim Leibinger am Reck war es dann amtlich: die Siegerländer Kunstturnvereinigung bleibt auch in der kommenden Saison erstklassig! Dass der Klassenerhalt so frühzeitig gesichert werden konnte, ist vor allem auch einem zuletzt immer stärkeren Philipp Herder zu verdanken, der zum Sieg in Schwäbisch Gmünd 18 ScorePunkte beitrug.

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SKV sichert vorzeitig den Klassenerhalt

Sieg über den TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau nach spannendem Wettkampf mit 40:33 Punkten

Als ausgerechnet Tim Leibiger als eines der Sorgenkinder im bisherigen Saisonverlauf mit einer bombensicheren Reckübung den Sieg der Siegerländer Kunstturnvereinigung im Auswärtswettkampf bei dem TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau gesichert hatte, fielen sich Turner, Betreuer und die mitgereisten Vorstandsmitglieder der SKV erleichtert in die Arme. Durch den zweiten Saisonsieg wurde der Klassenerhalt schon am drittletzten Wettkampftag sicher gestellt, da maximal nur einer der beiden Kellerkinder Wetzgau und Monheim noch an der SKV vorbeiziehen könnte, selbst wenn diese die beiden ausstehenden Wettkämpfe verlieren sollte.

Dass es am Ende doch noch zu einem äußerst spannenden Wettkampf wurde, der den Präsidenten der SKV, Reimund Spies, nach eigenem Bekunden um „mehrere Jahre altern“ ließ, hatten sich die Turner der SKV zu einem großen Teil selbst zuzuschreiben. Zwar war man als Favorit in die älteste Stauferstadt Deutschlands gereist, was nach dem großartigen Kampf gegen den Klassenprimus Straubenhardt am vergangenen Wochenende und der gleichzeitigen deutlichen Niederlage des durch den Ausfall ihres Spitzenturners Andreas Toba arg geschwächten Deutschen Meisters von 2013 bei der KTV Obere Lahn durchaus berechtigt war. Die Siegerländer konnten jedoch im Wettkampfverlauf den Fehlerteufel nie ganz verbannen und sich dadurch nicht wie erhofft an den starken Geräten Boden, Sprung und Barren so deutlich von den Wetzgauern absetzen, dass man ohne große Nervenanspannung an das Schlussgerät Reck gehen konnte.

Dabei war der Start in den Wettkampf mit einem 4:0 Sieg des wiedererstarkten Philipp Herder am Boden perfekt und hätte eigentlich die Initialzündung für einen klaren Sieg sein können. Die kalte Dusche folgte jedoch schon im zweiten Duell: Daan Kenis, einer der drei Belgier in Siegerländer Reihen und im bisherigen Saisonverlauf absolut fehlerfrei und eine Bank für sichere Scorepunkte, patzte am Ende der ersten Bahn und verlor die 4 Scorepunkte umgehend. Die Siegerländer Turner beklagten sich zwar zu Recht über die nicht erstligataugliche Bodenfläche in der mit rund 300 Zuschauern etwa zur Hälfte gefüllten Großsporthalle in Schwäbisch Gmünd, gleichzeitig muss jedoch festgestellt werden, dass die Routiniers in SKV-Reihen wie Matthias Fahrig und Jonas Rohleder in der Lage waren, ihre Übungen so kurzfristig anzupassen, dass sie noch den Sieg am Boden sicher stellen konnten, womit die SKV nach wie vor die einzige Mannschaft in der Liga bleibt, die an diesem Gerät noch ohne Niederlage ist.

Trotzdem mussten die SKV-Turner anstatt mit einem satten Punktepolster nur mit einem minimalen Vorsprung von einem einzigen Punkt an ihr Zittergerät Seitpferd gehen. Philipp Herder turnte wie erhofft eine solide Übung, die 5 Pluspunkte einbrachte, und auch Daniel Uhlig konnte seine Übung ohne größere Fehler beenden. Auch der erstmals am Seitpferd eingesetzte Kanji Oyama, amerikanischer Neuzugang der SKV mit japanischen Wurzeln, turnte fehlerfrei, hatte jedoch seine Übung im Inhalt so deutlich reduziert, dass er sein Duell gegen den Nationalmannschaftsturner Helge Liebrich mit 2 Punkten verlor. So blieb am Ende ausgerechnet dem Boden- und Sprungspezialisten Matthias Fahrig vorbehalten, gegen den starken Bart Deurloo die Kohlen aus dem Feuer zu holen, was gründlich misslang, so dass die Wetzgauer das Seitpferdturnen mit 10:5 Punkten gewannen und damit auch die Führung im Wettkampf übernahmen.

Von der aufkommenden Nervosität offensichtlich angesteckt, misslang dem von seiner Grippe wieder genesenen Sebastian Bock nach einer an sich starken Ringeübung der Abgang, so dass er 2 Punkte an seinen Wetzgauer Kontrahenten abgeben musste, und sich der Rückstand der SKV weiter vergrößerte. Die Wende brachte dann der zum zweiten Mal in dieser Saison eingesetzte Belgier Dennis Goossens, Olympiafinalist an seinem Spezialgerät, der für seine absolute Weltklasseübung die Tageshöchstwertung von 15,45 Punkten erhielt und damit 4 Scorepunkte gegen Helge Liebrich einfuhr. Noch deutlicher war der Vorsprung von Philipp Herder, der hier erneut 5 Scorepunkte und den Gerätesieg der SKV mit 9:6 Punkten sicherte. Damit ging die SKV mit einem zwar knappen, aber eher unerwarteten und vor allem auch unnötigen Rückstand von 22:23 Punkten in die Halbzeitpause.

Die zweite Wettkampfhälfte begann dann für die Siegerländer am Sprung ebenso gut wie das Bodenturnen ganz am Anfang. Kanji Oyama gelang sein schwieriger Sprung nahezu perfekt, was mit 14,95 Punkten und 5 Scores belohnt wurde, und diesmal gab es keinen Einbruch bei einem der anderen an diesem Gerät eingesetzten Turner. Andreas Jurzo verlor gegen den diesjährigen Deutschen Vizemeister an diesem Gerät, Helge Liebrich, nur einen Punkt - manche Siegerländer Beobachter waren sogar der Meinung, Jurzo hätte den besseren Sprung gezeigt – und Matthias Fahrig stand seinem Mannschaftskameraden Oyama mit 14,80 Punkte nur wenig nach, was zu weiteren 2 Scorepunkten und dem Sieg an diesem Gerät mit 7:1 Punkten führte, nachdem der für Philipp Herder eingesetzte Routinier Jonas Rohleder sein Duell unentschieden gestalten konnte.

Beim anschließenden Barrenturnen galt es dann für die Siegerländer, den Vorsprung weiter auszubauen, um ein ausreichendes Polster für das abschließende Reckturnen zu sichern. Kanji Oyama turnte in seinem Duell gegen den Wetzgauer Helge Liebrich eine Übung mit mehreren spektakulären Akrobatikteilen, verpasste aber eine bessere Wertung durch einen Fehler gegen Ende der Übung, so dass die ersten Punkte an diesem Gerät an Wetzgau gingen. Erneut war es Philipp Herder, der mit einer starken Übung, die mit 4 Scorepunkten belohnt wurde, das Blatt zugunsten der Siegerländer wenden konnte. Matthias Fahrig gewann dann trotz einiger Unsicherheiten weitere 3 Punkte, so dass der eine Punkt, den Sebastian Bock gegen den international erfahrenen rumänischen Gastturner der Wetzgauer, Cristian Bataga, verlor, verschmerzt werden konnte. „Es war super, wie Sebastian seinen Fehler an den Ringen, der ihn sicher sehr gewurmt hat, wegstecken konnte und voll fokussiert die beiden wichtigen Übungen am Barren und am Reck zeigen konnte“, lobte Horst-Walter Eckhardt, Vorstandsmitglied der SKV, den ehemaligen Chemnitzer, der seit dem 1. Oktober im Siegerland heimisch geworden ist und der sein Masterstudium in Physik an der Siegener Universität fortsetzt.

Mit einem Vorsprung von neun Scorepunkten für die SKV ging es dann in das abschließende Reckturnen, welches mit dem Duell Jonas Rohleder gegen Bart Deurloo eröffnet wurde. Und wie immer in den Ligawettkämpfen der letzten Jahre war auf Rohleder absolut Verlass. Er legte eine sichere Übung vor, die Deurloo – einen der besten Reckturner in Europa – zwang, Risiken einzugehen, da seine Mannschaft ja zurück lag, und er aufholen musste. Deurloo turnte mehrere schwierige Flugteile, blieb auch ohne Sturz, sichtbare Unsicherheiten führten jedoch dazu, dass die Wetzgauer anstatt fest eingeplanter 5 Punkte nur deren 2 gutgeschrieben bekamen. Nachdem auch Sebastian Bock gegen seinen Duellgegner Schaal ein Unentschieden erreichte, legte Helge Liebrich im dritten Duell eine solide Übung vor, auf die Daan Kenis kontern musste. Zum Entsetzen der mitgereisten Siegerländer Fans musste der Belgier bei seinem Flugteil, welches er im bisherigen Saisonverlauf mit absoluter Sicherheit vorführen konnte, das Gerät verlassen – vier Scorepunkte zugunsten Wetzgau ließen den Vorsprung der SKV auf 3 Punkte schmelzen. So kam es dann zu dem eingangs beschriebenen Show-Down im letzten Duell an diesem Gerät. Die Wetzgauer legten mit einer einfachen, aber sicher ausgeführten Übung vor, auf die Tim Leibiger, dem die Pause im letzten Wettkampf sichtbar gutgetan hatte, in überzeugender Manier antworten konnte. Vier Scorepunkte waren der verdiente Lohn für den Medizinstudenten aus Halle, und sicherten der SKV den Auswärtssieg mit 40:33 Punkten und den vorzeitigen Klassenerhalt.

Top-Scorer des Wettkampfes wurde zudem noch Philipp Herder mit 18 Punkten an vier Geräten, was die aufsteigende Form des Berliner Nationalmannschaftsturners eindrucksvoll unterstreicht. „Ich kann zur Zeit gut trainieren, so dass ich zuversichtlich bin, auch in den beiden verbleibenden Wettkämpfen meine besten Leistungen für meine Mannschaft erbringen zu können“, zeigte sich Herder, der in der 7. Saison für die SKV an die Geräte geht, zufrieden mit seinem Wettkampf.

Überwiegend positiv war auch das Fazit des SKV-Präsidenten Reimund Spies am Ende eines nervenaufreibenden Abends in Wetzgau. „Zwar haben wir noch immer zu viele Fehler in unserem Team gesehen, die ich aber im Einzelnen nicht bewerten möchte, die Turner können ihre Leistungen zum Guten wie zum Schlechten schon selbst sehr gut einschätzen. Ich bin froh darüber, dass die Mannschaft bis zum Ende gekämpft hat und damit den Klassenerhalt als unserem ersten Saisonziel sicher stellen konnte. Um in der Turnersprache zu bleiben, haben wir damit die Pflicht erfüllt, und die Kür kann jetzt kommen. Wir können uns mit zwei Siegen in den restlichen Begegnungen noch für den Finalwettbewerb in Ludwigsburg qualifizieren, was ein großartiger Erfolg für die Mannschaft und das Turnen in unserer Region wäre. In zwei Wochen kommen die Cottbuser zu uns in die Schießberghalle in Geisweid, und wir hoffen auf die Unterstützung einer voll besetzten Halle. Wenn alles gut geht, käme es dann im letzten Wettkampf zum entscheidenden Duell mit der KTV Obere Lahn. Auch wenn das dann ein Auswärtswettkampf ist, ein besseres Drehbuch für den Verlauf unserer ersten Saison in der Bundesliga könnte es gar nicht geben“, so die Beurteilung von Spies zu dem Wettkampf in Wetzgau und den Aussichten für die restliche Saison in Jahr.

 

Vorbericht

team

Nach den drei Wettkämpfen in Serie gegen die Spitzenteams der 1. Bundesliga MTV Stuttgart, TG Saar und KTV Straubenhardt, die dem Liganeuling Siegerländer KV zwar viel Lob, aber keine Punkte einbrachten, geht es nun am kommenden Samstag gegen den TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau als einem der beiden Clubs, die noch ohne Sieg am Ende der Tabelle stehen.

Dabei gehört die Mannschaft aus der Stauferstadt im Ostalbkreis durchaus zu den etablierten Teams in der Kunstturnbundesliga. Im Vorjahr bezwang man den Nachbarn aus der Landeshauptstadt, den MTV Stuttgart, im kleinen Finale der DTL und holte die Bronzemedaille. 2013 wurde man sogar Deutscher Meister, seinerzeit in einem dramatischen Finale gegen das vom späteren Olympiasieger Fabian Hambüchen angeführte Team der KTV Obere Lahn.

Auch für 2016 hatte man sich in Wetzgau durchaus Chancen für das Erreichen der Finalwettbewerbe am 3.12. in Ludwigsburg ausgerechnet, bis sich dann ihre Nummer 1, der aktuelle Deutsche Mehrkampfmeister Andreas Toba, im Mannschaftswettbewerb der Turnwettkämpfe in Rio de Janeiro so schwer am Knie verletzte, dass er für die ganze Saison 2016 und möglicherweise auch darüber hinaus ausfällt. Zwar reagierte der Verein schnell und stockte das ohnehin schon gut besetzte Ausländerkontingent mit dem Spanier Nestor Abad und dem russischen Weltklasseturner Nikita Ignatyev noch einmal deutlich auf, da aber die Regeln der Deutschen Turnliga vorsehen, dass in einem Wettkampf nur drei Ausländer eingesetzt werden dürfen, von denen dann am Gerät selbst nur jeweils einer antreten darf, war diese Maßnahme nicht geeignet, den Ausfall von Toba auch nur ansatzweise zu kompensieren. Bezogen auf seine Mehrkampfleistung bei den Deutschen Meisterschaften von annähernd 89 Punkten fehlen der Mannschaft von vornherein annähernd 15 Punkte, weil man ihn an jedem Gerät durch einen Turner aus der Jugendmannschaft oder der „2. Welle“ ersetzen muss, die in der Schwäbischen Landesliga antritt.

So lebt der TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau in dieser Saison vornehmlich von der konstanten Leistung seines „Eigengewächses“ Helge Liebrich, für viele Jahre als Mitglied der Nationalmannschaft fest etabliert und durch sein elegantes und sicheres Turnen auch heute noch einer der besten deutschen Turner in der Bundesliga, und eben von der starken Ausländerposition. Welche Turner ohne deutschen Reisepass diesmal von den Schwaben eingesetzt werden, bleibt jedoch abzuwarten. Zuletzt hat man auf den Russen Ignatyev und den Holländer Deurloo gesetzt, die an den jeweiligen Geräten starke Leistungen geboten haben. Man könnte aber auch noch den Rumänen Andrei Muntean ins Rennen schicken, der bei den Olympischen Spielen das Finale am Barren erreichte und auch bereits seit Jahren zusammen mit seinem Landsmann Cristian Bataga zum festen Stamm der Schwaben gehört.

Bei allem Respekt vor den genannten Klasseturnern – nach den bisherigen Saisonleistungen und den Möglichkeiten des breiten Mannschaftskaders auch auf den Positionen 3 und 4 der Setzliste an den einzelnen Geräten, kann diesmal die Siegerländer Kunstturnvereinigung die Reise auf die Ostalb mit Zuversicht antreten. Theoretisch ist auch der Klassenerhalt noch immer nicht restlos in trockenen Tüchern, zumal die beiden Tabellenletzten noch gegeneinander antreten müssen, und es dort dann wahrscheinlich einen Sieger geben wird, der dann ebenfalls 2 Gewinnpunkte auf dem Habenkonto zu verzeichnen hätte, wie die SKV, wenn sie alle drei noch ausstehenden Wettkämpfe verlieren würde.

Ungeachtet aller Rechenspiele, die Aufgabenstellung für den Liganeuling SKV auf dem Weg zum sicheren Klassenerhalt ist klar. Sie muss die Leistung, die sie in den beiden Heimwettkämpfen gegen den MTV Stuttgart und zuletzt gegen die KTV Straubenhardt in der gewohnten Umgebung und mit dem Rückhalt einer vollen Halle zeigen konnte, auch einmal auswärts abrufen, so wie ihr das ansatzweise auch in dem ersten Wettkampf in Monheim gelang. Dazu wird es erforderlich sein, die nach wie vor in jedem bisherigen Wettkampf feststellbaren groben Fehler möglichst vollständig zu reduzieren. Dabei ist die Zahl dieser Fehler noch nicht einmal besonders hoch, sie geben jedoch den Gegnern auf Erstliganiveau die Möglichkeit leichter Punktgewinne, mit denen sich die SKV Turner im bisherigen Saisonverlauf noch zu oft um den Lohn ihrer eigenen Leistung gebracht haben.