TG Saar - SKV

15.10.2016, Kreissporthalle Dillingen

Überragender Olympiasieger Oleg Verniaiev führt TG Saar zum Sieg

Ersatzgeschwächte Siegerländer Kunstturnvereinigung verliert deutlich mit 50:19. Oleg Verniaiev erturnt mit 25 ScorePunkten allein 50% der Punkte für die TG Saar.

tg saar

„Oleg Verniaiev besiegt die Siegerländer Kunstturnvereinigung“ 

– diese plakative Schlagzeile würde zwar dem Anteil der anderen Turner der TG Saar an dem deutlichen Heimsieg mit 50:19 Scorepunkten gegen die ersatzgeschwächte SKV nicht ganz gerecht, wäre aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Von den 50 Punkten der Saarländer gingen nämlich 25, also exakt die Hälfte, auf das Konto des Olympiasiegers aus der Ukraine, der nicht nur an seinem Spezialgerät Barren absolute Weltklasse zeigte, sondern sich auch an allen anderen Geräten kaum Schwächen leistete und die 300 Zuschauer in der Dillinger Sporthalle – unter ihnen nur wenige mitgereiste Siegerländer – am Ende jeder Übung zu Beifallsstürmen mitriss.

Der Siegerländer Erstligist hingegen trat schon ersatzgeschwächt die Reise ins Saarland an, fehlte doch aus der Mannschaft, die am Samstag zuvor dem MTV Stuttgart als einem der Meisterschaftsfavoriten bis zur letzten Übung hartnäckig Widerstand leisten konnte, der Belgier Daan Kenis, der länger geplante Verpflichtungen für seinen Verband zu erfüllen hatte. Hierdurch blieb die Ausländerposition an drei Geräten unbesetzt, was zwangsläufig dazu führt, dass die jeweilige Nummer 5 der Setzliste in die Aufstellung rückt. Hinzu kam, dass auch Sebastian Bock, als „Mister Zuverlässig“ ein ganz wichtiger Turner im Mannschaftsgefüge der SKV, grippegeschwächt an Ringe und Barren gehen und das Reck sogar ganz auslassen musste.

„Unter diesen Umständen können wir mit dem Wettkampfausgang noch halbwegs zufrieden sein. Wir haben unser Tagesziel erreicht und vier wichtige Gerätepunkte gewonnen, die uns nach wie vor punktgleich mit unserem Ligakonkurrenten KTV Obere Lahn im Mittelfeld der Tabelle halten“, so das Fazit des SKV-Präsidenten Reimund Spies unmittelbar nach Wettkampfende.

Das erste der beiden gewonnenen Geräte war das Bodenturnen, in dieser Saison eine der Stärken der Siegerländer, nicht zuletzt durch den Neuzugang Matthias Fahrig., vielfacher Deutscher Meister an diesem Gerät. Fahrig trug jedoch zu dem 5:0 Teilergebnis keine Punkte bei, weil er sich gegen Neu-Saarländer Felix Remuta ebenso mit einem Unentschieden zufrieden geben musste, wie Philipp Herder, dieser jedoch gegen Oleg Verniaiev, der am Boden die einzigen kleinen Wackler in seinem sonst so stabilen Wettkampf zu verzeichnen hatte. Punktgewinner in Siegerländer Reihen waren Siemon Volkaert (1 Scorepunkt) und vor allem Jonas Rohleder, der durch seine routiniert und sauber vorgetragene Übung gleich vier Scorepunkte ergatterte.

Die Führung der Siegerländer hielt aber nicht allzu lange, genau genommen war sie nach zwei Übungen am nachfolgenden Seitpferd schon wieder verspielt. Konnte der für den durch einen Kaderlehrgang verhinderten Berliner Juniorennationalturner Lucas Herrmann an diesem Gerät in die Mannschaft gekommenen Daniel Uhlig noch durch eine solide Übung den Punktverlust gegen den Saarländer Routinier Eugen Spiridonov auf drei Scorepunkte begrenzen, mussten Fahrig und Volkaert gar das Gerät verlassen, was Philipp Herder nur knapp vermeiden konnte. Am Ende gewannen die Saarländer das Pferdturnen mit 14:0 Punkten – in dieser Saison der höchste Verlust der SKV an einem ihrer beiden schwachen Geräte.

Das zweite schwächere Gerät der SKV sind die Ringe – vor allem wenn Olympiafinalist Dennis Goossens fehlt. Diesmal ging dieses Gerät mit 12:3 Punkten verloren, die einzigen Scorepunkte holte Philipp Herder mit einer starken Übung gegen den Saarländer Felix Remuta. Mit dem Halbzeitstand nach diesem Gerät von 26:6 war der Wettkampf praktisch schon zugunsten der TG Saar entschieden.

Nach der Pause ging es am Sprungtisch weiter, an dem die dort eingesetzten Turner vor allem gegen den MTV Stuttgart zu überzeugen wussten. Aber auch hier wurde es nichts mit dem ersehnten zweiten Gerätegewinn. Volkaert und Fahrig gewannen zwar ihre Duelle mit 2 Punkten, Jonas Rohleder und vor allem Andreas Jurzo mussten jedoch aufgrund geringerer Ausgangswerte ihre Duelle abschreiben. Rohleder allerdings gegen niemand geringeren als Verniaiev, der seinen schwierigen Sprung ohne jeden Wackler in den Stand turnte, gegen ihn war an diesem Tag einfach kein Kraut gewachsen, nicht nur an diesem Gerät, welches die Saarländer mit 7:4 Punkten für sich entscheiden konnten.

Dafür gewannen die Siegerländer dann etwas überraschend das Barrenturnen. Philipp Herder erzielte gute 14,20 Punkte an diesem Gerät, was ebenso zu 3 Punkten gegen den früheren Nationalturner Eugen Spiridonov führte, wie die Übung von Sebastian Bock im Duell mit dem Juniorennationalturner Dschamal Mergen. Der erstmals in dieser Saison eingesetzte Nico Ermert und Daniel Uhlig turnten gute Übungen, die mit 12,95 bzw. 13,25 Punkten belohnt wurden und zeigen, dass beide eine Alternative an diesem Gerät für die nächsten Wettkämpfe sein können. Ermert hielt sein Duell gegen den immer noch durch eine Knieverletzung gehandicapten Nationalturner Ivan Bykov offen, während Uhlig erwartungsgemäß 5 Punkte gegen Olympiasieger Oleg Verniaiev abgeben musste, der mit 16,05 Punkten an diesem Gerät die Tageshöchstwertung erzielte. 6:5 Punkte war der knappe, aber für die SKV verdiente Endstand an diesem Gerät.

Die Freude der Siegerländer währte jedoch beim abschließenden Reckturnen nicht lange. Nico Ermert musste trotz guter Übung 4 Punkte an Eugen Spiridonov abgeben, während Tim Leibiger und Matthias Fahrig das Gerät verlassen und 3 bzw. 5 Punkte abgeben mussten. Den einzigen Scorepunkt für die Siegerländer erzielte Routinier Jonas Rohleder für seine sicher vorgetragene Übung. Die Saarländer gewannen dieses Gerät mit 12:1 Punkten ebenso deutlich wie den gesamten Wettkampf mit 50:19.

„Die kompakte Saison zeigt sich schon in den ersten Verschleißerscheinungen einzelner Turner, was weniger an den Anstrengungen der Wettkämpfe selbst, als an den Reisestrapazen an den Wochenenden liegen kann. Deshalb sind wir froh, dass unserer amerikanischer Neuzugang Kanji Oyama am Dienstag zu uns stoßen wird, der uns für die zweite Saisonhälfte beginnend mit dem nächsten Heimwettkampf gegen die KTV Straubenhard neuen Schwung verleihen wird“, so der abschließende Kommentar von Horst-Walter Eckhardt, Vorstandsmitglied der Siegerländer Kunstturnvereinigung, zu dem Wettkampf der SKV gegen die TG Saar.

 

Vorbericht

Am 15.10.2016 trifft die Siegerländer Kunstturnvereinigung in ihrem zweiten Auswärtswettkampf auf den Vizemeister 2015, die TG Saar.

Ähnlich wie die SKV gehört auch der 1974 unter dem Namen Turngemeinschaft Saar gegründete Zusammenschluss der Kunstturnabteilungen der Turnvereine aus Griesbach, Bous, Lebach und Schwarzenholz zu den Urgesteinen der Deutschen Turnliga und hatte eine erste erfolgreiche Periode Ende der der siebziger und Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als man 1981 und 1982 Deutscher Mannschaftsmeister wurde und zu den härtesten Konkurrenten der Siegerländer zählte.

Die TG Saar gehörte dann noch einige Jahre der 1. Liga an, die in dieser Zeit in Nord- und Südstaffel geteilt war, musste sich aber nach der Wiedervereinigung und dem Beitritt der starken Mannschaften aus den neuen Bundesländern für ein paar Jahre mit einem Startplatz in der 2. Liga zufrieden geben. Der Wiederaufstieg in die 1. Liga gelang dann 1997 und seitdem gehört man ununterbrochen dem Oberhaus des Deutschen Mannschaftsturnens an.

Für viele Jahre wurde die Mannschaft dieser Epoche geprägt von dem durch spektakuläre auch im Siegerland bestens bekannten Sergej Charkow, der 1988 als jüngster Turn-Olympiasieger (Boden und Mannschaft) aller Zeiten für Russland turnte und seit 1994 im Saarland lebte. Charkow wurde 1996 noch einmal Mannschafts- Olympiasieger mit seinem Heimatland und gehörte dann nach seiner Einbürgerung noch für einige Jahre der Deutschen Nationalmannschaft an.

Aber auch nach der Ära Charkow gelang des der TG Saar mit ihrem Trainergespann Paul Rupp und Viktor Schweizer, aus einer leistungsstarken Mischung von im Landesleistungszentrum des Saarländischen Turnverbandes ausgebildeten deutschen und von ausländischen Spitzenturnern eine Mannschaft zu formen, die im letzten Jahrzehnt die Entwicklung der Deutschen Turnliga maßgebend geprägt hat. Herausragend waren dabei die Deutsche Meisterschaft 2012 und der zweite Platz im vorigen Jahr.

Da gehörte schon mit Oleg Verniaiev einer der besten Turner der Welt zu dem Team der TG Saar. Der Stern des Ukrainers am Turnhimmel ging 2014 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft am Barren auf und fand seinen vorläufigen Höhepunkt mit dem Olympiasieg 2016 in Rio eben an diesem Gerät und für die Turnexperten noch wichtiger, der Silbermedaille im Mehrkampf hinter dem seit 2012 ungeschlagenen Japaner Uchimura. So gesehen ist es schade, dass die SKV auswärts bei der TG Saar antreten muss und nicht das Glück hatte, dem Siegerländer Publikum einen aktuellen Olympiasieger hautnah präsentieren zu können.

Die Mannschaft der TG Saar besteht natürlich nicht nur aus Oleg Verniaiev. Ihr gehören mit Eugen Spiridonov und Waldemar Eichhorn auch weitere ehemalige und aktuelle Deutsche Meister und Nationalturner an, die die TG Saar mit ihrer Erfahrung und Konstanz zu einem der Kandidaten für den Einzug in das Ligafinale auch in dieser Saison machen.