Licht und Schatten beim Auswärtswettkampf der SKV in Straubenhardt

21.10.2017 18:00 Uhr Straubenhardt-Halle, Pflugweg/Schulzentrum, 75334 Straubenhardt-Conweiler

Kurzfristiger Verletzungsausfall des Niederländers Bram Louwije war nicht zu kompensieren

Im Vorjahr konnte die Siegerländer Kunstturnvereinigung als Aufsteiger in heimischer Halle den vielfachen Deutschen Meister KTV Straubenhardt mit einer couragierten Leistung beim Bodenturnen noch überraschen und so unter Druck setzen, dass der Wettkampf über lange Strecken ausgeglichen verlief und sich erst bei den beiden abschließenden Geräten Barren und Reck die größere individuelle Klasse des mit Nationalturnern gespickten Kaders der Badener durchsetzen konnte.

Das wollte man beim Auswärtswettkampf in der gut besuchten Straubenhardt-Halle wiederholen, und bei den ersten beiden Duellen sah es auch so aus, als dies gelingen könnte. Altmeister Matthias Fahrig nahm dem russischen Weltklasseturner David Belyavski nach dessen Sturz am Übungsende gleich einmal zwei Scorepunkte ab. WM-Finalist Philipp Herder setzte nach und brachte seine Mannschaft im Duell mit seinem jungen Berliner Trainingskollegen Lucas Hermann – im vorigen Jahr noch im Trikot der SKV unterwegs – durch weitere 3 Punkte 5:0 in Führung. Das war’s aber dann auch schon mit der Siegerländer Herrlichkeit – die nächsten beiden Duelle am Boden gingen verloren, so dass man das bereits sicher geglaubte Gerät verlor und damit selbst unter den Druck geriet, den man eigentlich dem Gegner vermitteln wollte.

Das machte sich dann beim nachfolgenden Seitpferdturnen besonders bemerkbar. Hier wurde zudem noch der Niederländer Bram Louwije schmerzlich vermisst, der sich nach im Training erlittener Handverletzung kurzfristig am Freitagmorgen abmelden musste und erst beim Wettkampf in Cottbus am 11.11. wieder zur Verfügung stehen wird. „Bram ist eine Bank für uns und vor allem am Seitpferd nicht zu ersetzen. Matthias Fahrig musste sich opfern und ohne ausreichende Vorbereitung ans Gerät gehen, damit wir überhaupt vier Turner aufbieten konnten“ erklärte SKV-Vorstandsmitglied Horst-Walter Eckhardt das extrem niedrige Mannschaftsergebnis der Siegerländer an diesem Gerät. Einziger Lichtblick war die sauber vorgetragene Übung von Sebastian Bock, der auch mit dem Gewinn des Duells und zwei Scorepunkten gegen den deutschen Seitpferdmeister Ivan Rittschik belohnt wurde, der einmal das Gerät sogar verlassen musste.

Insgesamt gesehen musste man am Samstag feststellen, dass die WM-Fahrer alle noch mit Konditionsrückständen zu kämpfen hatten, auch die Nr. 1 der SKV Philipp Herder. Der Berliner hatte in Montreal das umfangsreichste Programm aller deutschen Turner zu bestreiten, mit dem Unterschied zu seinen Nationalmannschaftskollegen auf Straubenhardter Seite musste er aber am Samstag an fünf Geräten kämpfen, während der Titelverteidiger so gut besetzt ist, dass bei ihm bei jedem Durchgang mindestens ein, manchmal sogar zwei deutsche Nationalturner die Bank drücken müssen.

Courtney Tulloch

Bester Ringeturner des Wettkampfes war der britische Neuzugang der SKV, Courtney Tulloch, der trotz reduzierter Schwierigkeit glatte 14 Punkte erzielte und im Direktduell dem 3. der deutschen Meisterschaften an diesem Gerät Nils Dunkel 3 Scorepunkte abnehmen konnte. Tulloch hinterließ insgesamt gesehen einen guten Eindruck, gewann neben den Ringen auch sein Duell am Sprung und lediglich ein Fehler beim Bodenturnen verhinderte das Prädikat „Perfekter Einstand“. „Courtney will sich für den kommenden Samstag auch noch für das Barrenturnen vorbereiten, so dass wir den Ausfall von Bram zwar nicht wettmachen, aber weiter reduzieren können“ berichtete SKV-Vorstand Eckhardt zu den Plänen des britischen WM-Finalisten.

Da die anderen Siegerländer Turner jedoch ihre Duelle an den Ringen verloren, lag das SKV-Team zur Halbzeit bereits mit 32:10 Scorepunkten aussichtslos im Rückstand und konnte sich in der zweiten Wettkampfhälfte nur noch um Schadensbegrenzung bemühen.

Das gelang allerdings besonders gut am Sprung, den die SKV nach zwei durch Courtney und Herder gewonnenen Duellen und einem Unentschieden von Fahrig trotz Sturz für sich entscheiden konnten. Lediglich Andreas Jurzo musste sein Duell abgeben, das aber gegen keinen geringeren als David Belyavski, der auch zum Top-Scorer des Tages avancierte.

Weitere Punktegewinne gab es dann durch Sebastian Bock am Barren, der mit 9,0 Punkten den höchsten Ausführungswert des gesamten Wettkampfes an den Geräten erhielt, sowie Nico Ermert am Reck, der sogar Andreas Bretschneider besiegen konnte, nachdem dieser – wieder einmal – das Gerät bei dem Übungsteil verlassen musste, welches seinen Namen trägt. Gleiches Schicksal widerfuhr auch Marcel Nguyen im Wettkampf gegen SKV-Turner Tim Leibiger, der wie so oft die undankbare Rolle hatte, den ganzen Wettkampf über auf seinen einzigen Einsatz ausgerechnet am Reck warten zu müssen, an dem das Fehlerrisiko ohnehin besonders hoch ist. Leibiger meisterte diese Nervenprobe aber souverän, turnte eine fehlerfreie Übung und erreichte zum Abschluss des Wettkampfes wenigstens noch ein Unentschieden gegen Nguyen.

Am Ende stand dann der souveräne Sieg der KTV Straubenhardt mit 54:20 Score- und 10:2 Gerätepunkten auf der Anzeigetafel, der den Badenern noch alle Möglichkeiten lässt, aus eigener Kraft das Finale um die Deutsche Meisterschaft 2017 zu erreichen.

Die fleißigsten Punktesammler waren die Straubenhardter Belyavski (17), Nguyen (10) und Herrmann (9), während auf Seiten der SKV Herder (6) und Tulloch (ebenfalls 6) vorne waren.

„Insgesamt war es ein Wettkampf mit Licht und Schatten für uns, den wir gerne etwas spannender gestaltet hätten. Ein starker Gegner und zu viele eigene Fehler ließen das aber nicht zu. Gut gefallen haben mir in unserem Team vor allem Nico Ermert, der den Fehler am Boden schnell weg gesteckt und am Barren und Reck die für ihn besten Übungen seit Jahren gezeigt hat. Auch Sebastian Bock hat mich beeindruckt, der im Training und im Wettkampf effizient mit seinen Möglichkeiten umgeht und das Erfolgsrezept für die Liga, nämlich sauber und sicher zu turnen, sehr gut umsetzt“ so das Resümee von SKV-Vorstand Eckhardt nach dem Wettkampf in Straubenhardt.

Am kommenden Samstag trifft dann die SKV auf das KTT Heilbronn, erstmals übrigens in der Dreifachsporthalle auf dem Siegener Giersberg. Bei einem Sieg haben sich die Siegerländer erneut den Klassenerhalt gesichert, während sie nach dem überraschend deutlichen Auswärtserfolg des MTV Stuttgart in Cottbus aus eigenen Kräften das Ligafinale nicht mehr erreichen können. Die arg verletzungsgeschwächten Stuttgarter mussten in Cottbus übrigens mit nur vier Turnern antreten, die dafür alle einen kompletten Sechskampf absolvieren musste, ein absolutes Novum in der Geschichte der Deutschen Turnliga.

Stimmen:

Daniel Uhlig: „Nach einer an sich guten Zeit der Vorbereitung spürte ich ausgerechnet beim Einturnen für diesen Wettkampf stechende Rückenschmerzen, die mich an den beiden Geräten, an denen ich eingesetzt wurde, schon sehr stark behindert haben. Ich konzentriere mich jetzt auf die zwei Geräte für kommenden Samstag, mit denen ich meiner Mannschaft am meisten helfen kann“.

Matthias Fahrig: „Viel Aufwand für ein geringes Ergebnis. Am nächsten Samstag greife ich noch einmal richtig an, den Eindruck aus Straubenhardt kann und werde ich nicht auf mir sitzen lassen“.

Tim Leibiger: „Ich habe ihn gehängt“. Gemeint war nicht Duell-Gegner Marcel Nguyen, sondern den sogenannten „Kolman“, einen Doppelsalto mit integrierter Schraube über die Reckstange zum Wiederergreifen, so die Beschreibung dieses Übungsteile in der offiziellen Turnersprache.

 

 

einzelnachweis

 

ktv

Vorbericht KTV Straubenhardt – SKV

Mit dem Auswärtswettkampf beim Meister der letzten beiden Jahre KTV Straubenhardt startet die Siegerländer Kunstturnvereinigung am kommenden Samstag in die Herbstserie der zweigeteilten Bundesligasaison 2017.

Ein Blick in die Chronik der Deutschen Turnliga sagt viel über die Kräfteverteilung in diesem Duell. 2005 ging der Stern der Nordschwarzwälder mit der ersten Deutschen Meisterschaft auf, nachdem man bereits zuvor den 3. und danach den 2. Platz in der Abschlusstabelle belegt hatte. Den Titel errang man nach 2005 noch weitere vier Mal, zuletzt zweimal in Folge 2015 und 2016. Hinzu kamen fünf Vizemeisterschaften und zwei dritte Plätze, man war also 14 Jahre lang ununterbrochen auf dem Siegerpodest bei den Finalwettbewerben vertreten.

Wesentlich bescheidener dagegen die Erfolgsliste des heimischen Erstligisten. Um den einen deutschen Meistertitel zu finden, muss man schon bis in das Jahr 1979 zurück gehen. Danach gehörte man zwar als einziger Verein Deutschlands immer der Deutschen Turnliga an, meist jedoch der zweiten Bundesliga, und erst mit dem Wiederaufstieg 2016 scheint man sich im Oberhaus des deutschen Turnens etablieren zu können.

Auch der Vergleich der aktuellen Mannschaften der beiden Kontrahenten geht eindrucksvoll zugunsten der Badener aus. Von sechs Nationalturnern, die in Montreal für Deutschland an die Geräte gingen, gehören vier zur Bundesligamannschaft der KTV Straubenhardt, mit Philipp Herder war aber auch immerhin ein langjähriger SKV-Turner im Turnteam Deutschland vertreten (der sechste war Andreas Toba, in der 2. Liga für den TV Wetzgau unterwegs).

WM Montreal ist auch das Stichwort, wenn man die Verantwortlichen der SKV nach den Erfolgsaussichten am kommenden Samstag in Straubenhardt fragt. „Zwar hat keiner der Straubenhardter zwei Mehrkämpfe in den Knochen, so wie Philipp das auf unserer Seite hat. Aber auch sie sind durch Qualifikationen, WM-Lehrgänge und die WM-Tage selbst gegangen, und man muss abwarten, wie sich das auf ihre Form und die Stabilität ihrer Übungen auswirkt“ zeigt sich SKV-Präsident Reimund Spies gespannt hinsichtlich der Verfassung, in der sich die Nguyens und Bretschneiders am Samstag zeigen werden. 

„Wir gehen mit der einfachen Feststellung in den Wettkampf, dass wir nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen haben. Vielleicht gelingt es uns ja wie im Vorjahr in Kreuztal, den Favoriten gleich am ersten Gerät unter Druck zu setzen, und dann warten wir einfach ab, wie Straubenhardt reagieren wird. Sie müssen gewinnen, wenn sie ihr Saisonziel „Deutsche Meisterschaft“ erreichen wollen, weil sie im Frühjahr gegen die KTV Obere Lahn verloren haben, wir können wie im Vorjahr unser Ziel von Wettkampf zu Wettkampf ausrichten“ sieht Vorstandsmitglied Horst-Walter Eckhardt dem auf dem Papier ungleichen Duell gelassen entgegen.

Beide Mannschaften haben sich im Übrigen noch einmal auf der Ausländerposition verstärkt. Über den neuen SKV-Turner Courtney Tulloch, der die verletzten Belgier Dennis Goossens und Daan Kenis für den Rest der Saison ersetzen soll, berichteten wir bereits ausführlich. 

Noch spektakulärer ist hingegen der Neuzugang auf Straubenhardter Seite. Der Russe David Belyavskiy, in Montreal Gewinner der Silbermedaille am Seitpferd und der Bronzemedaille am Barren, führte auch im Mehrkampf vor dem letzten Gerät deutlich, bevor er das Reck verlassen musste und undankbarer Vierter wurde. Gleiches widerfuhr ihm dann auch im Reckfinale. „Belyavskiy ist einer der derzeit stärksten Turner der Welt, technisch ebenso hervorragend ausgebildet wie die besten Chinesen und Japaner und in Europa mit Oleg Verniaiev auf einer Stufe stehend. Als wir von seiner Verpflichtung durch die Straubenhardter gehört haben, haben wir uns gefragt, ob sie es für den Rest der Saison noch einmal richtig wissen wollen, oder ob sie Angst vor uns haben. Wir haben uns für letztere Erklärung entschieden“ äußert sich – augenzwinkernd – SKV-Präsident Reimund Spies zu dem prominenten Neuzugang des Schwarzwälder Titelfavoriten.

 

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