SC Cottbus - SKV 42:39

Dass es bei dem Wertungssystem der Deutschen Turnliga vor allem darauf ankommt, möglichst alle Übungen fehlerfrei zu absolvieren, wurde man beim Auswärtskampf der Siegerländer Kunstturnvereinigung gegen den SC Cottbus Turnen in der Lausitzarena den leicht favorisierten SKV-Turnern noch einmal deutlich gemacht.

Fünf gravierende Fehler der jungen Cottbuser Mannschaft standen deren sechs auf Seiten der wesentlich routinierteren Siegerländer entgegen – Ergebnis 42:39 Scorepunkte zugunsten der Heimmannschaft, trotz des Gewinns der Gerätewertung mit 7:5 Verlust des letzten Auswärtswettkampfs und damit auch der – zumindest noch theoretischen – Chance, sich im letzten Heimwettkampf gegen die KTV Obere Lahn wie im Vorjahr quasi noch einmal „auf den letzten Drücker“ für das attraktive Ligafinale in Ludwigsburg qualifizieren zu können.

 

11.11.2017 15:00 Uhr Lausitz-Arena, Hermann-Löns-Str. 29, 03050 Cottbus

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Zu viele eigene Fehler war der eine Grund für die Niederlage, der andere ist sicher in der anhaltenden Verletztenmisere der SKV zu suchen. Erneut fehlte der Niederländer Bram Louwije, der nach dem Ausfall des langzeitverletzten Belgiers Daan Kenis und dessen Landsmann Dennis Goossens zusammen mit dem nach der Sommerpause zum SKV-Team gestoßenen Briten Courtney Tulloch ein absolut wettbewerbsfähiges Ausländerpaket hätte abgeben können - wenn er sich nicht vor Beginn der Herbstserie auch verletzt hätte.

So verblieb auch in Cottbus Courtney Tulloch als einziger Ausländer, der an vier Geräten eingesetzt wurde und dabei 16 Scorepunkte erreichte. Auch die Lausitzer mussten den Ausfall ihre etatmäßigen Ausländers Oleksander Suprun (Urkaine) verkraften, konnten jedoch im Gegensatz zur SKV noch kurzfristig reagieren und taten mit dem Zyprioten Marius Georgiu – im WM-Finale immerhin vor dem besten deutschen Turner Philipp Herder – einen ausgesprochenen Glücksgriff. Zusammen mit dem zweiten Ukrainer Igor Radivilov, in Montreal WM-Zweiter am Sprung und wie Tulloch Finalist an den Ringen, erzielte Georgiu 25 Punkte, 9 mehr als die Siegerländer auf dieser Position verbuchen konnten.

Auch der Wettkampfverlauf passte nicht ganz zum Konzept der SKV-Verantwortlichen, und dass lag nicht zuletzt an der Leistung der eigenen Turner. Beim den Wettkampf eröffnenden Bodenturnen – in der Vorsaison noch eine absolute Domäne der SKV mit sechs Siegen und einem Unentschieden – lag man nach zwei Übungen der routinierten Matthias Fahrig und Philipp Herder mit 0:6 Punkten im Rückstand, anstelle hier wie geplant in Führung zu gehen. Damit lag der Druck bei der SKV anstelle bei den Cottbuser Turnern, die im Schnitt einige Jahr jünger waren als ihre Siegerländer Kontrahenten.

Diesem Rückstand liefen dann die SKV-Turner während des ganzen Wettkampfes hinterher. Kamen sie den Cottbusern – ob durch eigene Spitzenleistungen wie bei Courtney Tulloch zu sehen, oder durch Fehler des Gegners – etwas näher, passierte prompt das nächste Missgeschick, oder die Lausitzer zogen eines ihrer Ausländer-Asse aus dem Ärmel.

Zudem erwies sich erneut das Seitpferd als extrem „störrisch“ auf Siegerländer Seite – hier machte sich das Fehlen Louwijes besonders nachteilig bemerkbar, aber auch, dass neben Philipp Herder und dem erneut fehlerfrei turnenden Sebastian Bock einfach ein fünfter SKV-Turner an diesem Gerät fehlt, der ohne großen Leistungsabfall einspringen kann, wenn einer der etatmäßigen Leistungsträger verletzungsbedingt ersetzt werden muss.

Dass hingegen der junge Eric Lloyd Hinrichs an den Ringen trotz gut vorgetragener Übung gegen den Weltklassemann Radivilov mit 5 Punkten „gerupft“ wurde, hatten die SKV-Verantwortlicher sicher einkalkuliert.

Auch der Halbzeitstand von 22:16 zugunsten der Cottbuser ließ die Hoffnung auf einen Gesamtsieg noch am Leben, stand doch mit Sprung das zweite Paradegerät auf Siegerländer Seite an, und aus den Saisonergebnissen war klar, dass Cottbus an den beiden Schlussgeräten Barren und Reck zu packen sein würde.

Erneut kam es anders, als man das auf dem Strategiezettel stehen hatte. Zwar waren die 5 Verlustpunkte, die Daniel Uhlig gegen den WM-Zweiten Radivilov einstecken musste, noch einkalkuliert, ebenso wie die 7 Gewinnpunkte, die Matthias Fahrig und Courtney Tulloch für ihre sicher vorgetragenen Sprünge erhielten. Geradezu ein Schock war jedoch der Auftritt von Andreas Jurzo an seinem Spezialgerät. Er hatte im Vorfeld schon über Leistenbeschwerden geklagt, meldete sich jedoch nach dem Einturnen fit für seinen Einsatz. Wie im Vorjahr in der Geisweider Schießberghalle gegen den gleichen Gegner verlor der jüngste SKV-Turner dann bei seinem Sprung total die Kontrolle, stürzte und musste nicht nur weitere sicher geglaubte Punkte abgeben, sondern zog sich auch eine Verletzung zu, die seinen Einsatz im letzten Saisonwettkampf zumindest fraglich macht.

Durch das Sprungergebnis von 10:6 wuchs der Cottbuser Vorsprung auf 10 Punkte an, die dann am Barren trotz guter Leistungen von Bock und Tulloch nur unwesentlich reduziert werden konnten. Versöhnlich war dann die Teamleistung am Reck, welches erneut gewonnen werden konnte. Die 10:4 Punkte für die Siegerländer reichten aber nicht mehr aus, um am Ende noch siegen oder wenigstens ein Unentschieden erreichen zu können.

„Mich hat die Geschlossenheit der Cottbuser Mannschaft besonders beeindruckt. Allen Turner konnten man anmerken, dass es für sie darum ging, mit einem Sieg gegen uns den Klassenerhalt zu sichern und sich nicht dem Risiko eines „Endspiels“ in Monheim am nächsten Wochenende aussetzen zu wollen. Die jungen Turner sind technisch sehr gut ausgebildet, turnen damit sauber und geben bei geringeren Ausgangswerten den Kampfrichtern wenig Grund für Abzüge. Insgesamt war es ein Sieg der besseren Mannschaftsleistung der Cottbuser über die besseren Individualisten der SKV“ so das Resümee des in die Lausitz mitgereisten SKV-Vorstandsmitglieds Horst-Walter Eckhardt nach dem Wettkampf.

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Courtney Tulloch / Foto: Christian Klein


Christopher Jursch (aktueller Nationalturner des SC Cottbus Turnen): „Ich bin froh, dass ich nach der Schulteroperation und der langwierigen Rehabilitation schon wieder so weit bin, dass ich meiner Cottbuser Mannschaft mit einem Einsatz am Seitpferd helfen konnte, die entscheidenden Punkte für den Klassenerhalt zu holen. Wenn während des Wettkampfes einer unserer anderen Turner ausgefallen wäre, hätte ich kurzfristig einspringen können, so weit bin ich schon wieder. Im nächsten Jahr möchte ich dann wieder an allen Geräten angreifen, nicht nur an meinem Lieblingsgerät Reck und mein langfristiges Ziel ist nach wie vor Tokio 2020“.