Fast exakt gleiche D-Werte wie der Deutsche Meister

Mannschaft konnte volles Leistungsvermögen nicht abrufen

An sich waren die Bundesligaturner der Siegerländer Kunstturnvereinigung am Ostersamstag in den Nordschwarzwald gereist, um dem Deutschen Serienmeister KTV Straubenhardt einige Ostereier in Form von Gerätegewinnen ins Nest zu legen – hieraus wurde aber nichts. Im Gegenteil – am Ende standen klare Zahlen auf dem Multimedia-Würfel, dem neuesten Prunkstück der Schwaben: 50:19 Score –und 12:0 Gerätepunkte, Tabellenführung souverän verteidigt, während die SKV durch die Auswärtssiege der Rivalen um den Finaleinzug, SC Cottbus und KTV Obere Lahn, auf den 4. Tabellenplatz durchgereicht wurde.

Dass der Siegerländer Vorzeigeverein im Vorfeld des „Gipfeltreffens“ durchaus Respekt bei dem Club mit den sechs Meistersternen ausgelöst hatte, konnte man nicht zuletzt auch an den Wechselaktivitäten der Straubenhardter nach dem letzten Ligawettkampf sehen: vier Minuten vor Ablauf der Nachmeldefrist für den samstäglichen Wettkampf meldete man der DTL den brasilianischen Ringe-Olympiasieger Arthur Zanetti, der nicht nur an seinem Spezialgerät, sondern auch am Boden und Sprung mit international respektablen Leistungen beim jüngsten DTB-Pokal in Stuttgart auf sich aufmerksam gemacht hatte. Man wollte durch diesen Neuzugang einerseits den zu erwartenden Verzicht auf den Russen David Belyavskiy kompensieren, andererseits vermeiden, dass zu viele ausländische Turner eingesetzt werden mussten, weil man bei der eigenen Verletzungsmisere nicht sicher war, die von der DTL vorgeschriebene Relation von deutschen und ausländischen Turnern einhalten zu können.

Dass dieser Plan nicht ganz aufging, lag am Brasilianischen Turnverband, der die Freigabe für Zanetti zu spät erteilte, so dass die Straubenhardter auf den Franzosen Zachari Hrimeche am Boden und am Sprung zurück greifen musste, der dort aber nach seiner Verletzung mit Klasseleistungen sowohl Zanetti als auch Belyavskiy vergessen lies und einer der Schlüsselfaktoren für den Triumph der Straubenhardter war. Und auch um die Basis der deutschen Nationalturner mussten sich die Schwaben keine Gedanken machen: zwar fehlten verletzungsbedingt wie erwartet der Deutsche Seitpferdmeister Ivan Rittschik und Nationalturner Nils Dunkel, 2014 noch im Trikot der SKV in der Bundesliga unterwegs. Ihre Stars Marcel Nguyen und Andreas Bretschneider hatten sich aber trotz der Strapazen durch die Weltcups in der Ligapause fit zurück gemeldet und belegten in der Einzelwertung der besten Scorer des Tages die Plätze 1 und 2 – Bretschneider punktgleich mit dem besten Siegerländer Philipp Herder.

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Herder wiederum konnte nur an drei Geräten eingesetzt werden, weil sich bei ihm nach den Belastungen der letzten Wochen Probleme an der Achillessehne eingestellt hatten, die einen Einsatz am Sprung und vor allem am Boden unmöglich machten. Am Boden machte sich dieser Ausfall besonders bemerkbar: nachdem in der Vorwoche zunächst Daniel Uhlig mit einer schweren Knieverletzung für den Rest der Bundesligasaison ausgefallen war, zog sich am Tag danach Ersatzmann Nico Ermert ebenfalls eine Fußverletzung zu, so dass am Ende drei etatmäßige Bodenturner in Straubenhardt nicht zur Verfügung standen, darunter mit Philipp Herder immerhin der aktuelle Deutsche Meister an diesem Gerät.

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„Einen Ausfall in dieser Größenordnung an einem Gerät können wir nicht verkraften, dazu ist unser Mannschaftskader einfach noch zu klein. Ein großes Lob an Andreas Jurzo, der für Philipp Herder einspringen musste und seine Sache bei seinem ersten Einsatz an diesem Gerät in der 1. Liga sehr gut gemacht hat. Schade, dass Dario Sissakis dem Druck, als erster Turner des Wettkampfes ans Gerät gehen zu müssen, nicht ganz stand halten konnte“ brachte SKV-Präsident Reimund Spies das Dilemma seiner Mannschaft am Boden auf den Punkt.

So geriet die SKV an einem ihrer Paradegeräte, an dem sie den Meister unter Druck setzen wollten, selbst mit 0:11 Punkten in Rückstand – damit waren alle Matchpläne der Mannschaftsleitung von Anfang an zur Makulatur geworden. Zumal sich diesmal auch das Seitpferd wieder zum „Zittergerät“ erwies, welches gleich drei Siegerländer Turner vorzeitig verlassen mussten.

Nach der – allerdings knappen – Niederlage an den Ringen – der Kubaner Manrique Larduet war hier bester Siegerländer mit 14,20 Punkten – lag man zur Halbzeit bereits mit 29:10 Punkten praktisch uneinholbar im Rückstand, zumal in der zweiten Wettkampfhälfte die eigentlich starken Geräte der Straubenhardter kommen sollten.

Apropos Larduet – auch der Kubaner ließ sich von der Nervosität seiner Mannschaftskollegen vorübergehend anstecken, und stürzte beim Sprung, so dass auch das zweite Paradegerät der Vorjahre klar verloren ging. Was aber einen Weltklasseturner ausmacht, konnte man danach sehen: von Trainer Carlos Hernandez auf die neue Situation eingestellt, zeigte er Spitzenleistungen am Barren (15,05 Punkte) und am Reck (14,75 Punkte) und konnte am letzten Gerät zumindest den persönlichen Erfolg verbuchen, Andreas Bretschneider, auch in Kuba durch sein von ihm kreiertes und nach ihm benanntes Flugteil bekannt, im direkten Duell besiegen zu können.

„Wir hatten uns mehr vorgenommen. Wir wollten natürlich schon volle Kanne angreifen. Aber wir haben heute einfach zu viele Fehler gemacht, insgesamt 17, glaube ich. Das ist natürlich bitter. Es tut mir auch leid, dass ich am Boden ausgefallen bin, aber ich habe zur Zeit ein bisschen Probleme mit der Achillessehne. Wir müssen jetzt nach vorne schauen, denn wir wissen, dass wir die TG Saar schlagen können“ so der selbstkritische Kommentar der Siegerländer Nr. 1, Philipp Herder, auf der Homepage der Deutschen Turnliga nach dem Wettkampf.

Dem kann sich auch SKV-Präsident Reimund Spies nur anschließen. „Es fehlt uns in solchen Situationen wie am Samstag in Straubenhardt nicht an der turnerischen Grundsubstanz. Wir hatten in der Summe fast exakt die gleichen D-Werte wie der Deutsche Meister. Es fehlt uns noch die Stabilität und die Erfahrung, Rückschläge auch mal weg zu stecken. Straubenhardt hat am Ende ziemlich genau die Gesamtpunktzahl geturnt, die wir auch gegen den TV Wetzgau erreicht haben – da waren wir aber gegen einen dezimierten Gegner nicht unter Druck, sondern konnten unbelastet unser volles Leistungsvermögen zeigen. Das müssen wir noch lernen, wenn wir im Konzert der Spitzenmannschaften der Liga mithalten wollen, und am Samstag ist im Kampf gegen den Vizemeister TG Saar die nächste Gelegenheit hierzu“.

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Dario Sissakis musste als erster Turner des Wettkampfes am Boden starten.

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Die Einzelergebnisse zeigen, dass wir im D-Wert fast auf Augenhöhe mit Straubenhardt waren und das ohne Philipp an 2 Geräten.

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Die Einzelnachweise (DTL-Homepage)

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02.04.18 / Bericht Homepage DTL

Straubenhardt entzaubert Siegerland

Die KTV Straubenhardt hat am Wochenende auf die Frage nach dem künftigen Tabellenführer eine ziemlich eindeutige Antwort gefunden. Denn mit 50:19 geriet das Gipfeltreffen gegen den Tabellenkonkurrenten bei weitem nicht so eng, wie es Straubenhardts sportlicher Leiter Dirk Walterspacher vor dem Wettkampf befürchtet hatte. «Siegerland hat viel mehr Fehler gemacht, als wir erwartet haben. Und auch Philipp Herder hat nur drei Geräte geturnt. Das hat uns natürlich alles ein bisschen in die Karten gespielt», war Walterspacher nach dem zweiten Heim-Auftritt der Schwarzwälder mit dem Endergebnis zufrieden. Trotzdem habe sein Team in Summe viel zu viele Fehler gemacht. «Da müssen wir noch etwas tun bis September», mahnte der KTV-Coach.

Auf Seiten des zweifachen deutschen Meisters haderte Gallionsfigur Herder dagegen sichtlich zerknirscht mit dem Verlauf des Wettkampfs. «Wir hatten uns mehr vorgenommen. Wir wollten natürlich volle Kanne angreifen. Aber wir haben heute einfach zu viele Fehler gemacht», resümierte er. Insgesamt 17 hatte der WM-Mehrkämpfer gezählt. «Das ist natürlich bitter. Es tut mir auch leid, dass ich am Boden ausgefallen bin, aber ich habe zurzeit ein bisschen Probleme mit der Achillessehne», erklärte er.

Doch nicht nur auf der Matte, auch an der Matte machte der SKV Fehler. Zumindest nach Ansicht von Straubenhardts Andreas Bretschneider. «Die haben dort taktisch absolut falsch agiert. Das muss man ihnen an der Stelle zum Vorwurf machen. Mit der ersten Übung den jüngsten Mann hinzuschicken, der die geringste Wettkampferfahrung hat, das macht man einfach nicht», fand der Erfinder des bisher schwierigsten Reckflugteils der Turngeschichte, der Nachwuchsmann Dario Sissakis aber auch am Boden gleich im ersten Duell eine 0:5-Niederlage beibrachte. «Da sind sie ein bisschen selbst schuld, dass sie da die ersten großen Punkte haben liegen lassen. Von da an waren sie ein wenig unter Zugzwang, haben es allerdings nicht geschafft, uns zu knacken», sagte er. So habe die KTV bereits vor dem Pauschenpferd einen riesigen Vorsprung gehabt, mit dem man dort gar nicht gerechnet habe.

Den Kopf in den Sand stecken will indes im Siegerland trotz der satten Niederlage niemand. «Wir müssen jetzt nach vorne schauen, denn wir wissen, dass wir die TG Saar schlagen können», betonte Herder. «Die Frage ist, in welcher Form die bei uns auftreten. Wir hoffen aber, dass wir mit der Hilfe unseres Publikums den Wettkampf ausgeglichener gestalten können», ergänzte der SKV-Präsident Reimund Spies.

Dass auch beim Meister das klare Ergebnis über einige Schwächen hinwegtäuschte, belegt unter anderem das Pauschenpferd. «Das war wohl insgesamt die schlechteste Pauschenpferdvorstellung die es jemals hier in der Bundesliga gegeben hat. Da sind ja nur zwei Übungen durchgelaufen, das war katastrophal», grantelte Bretschneider und auch Walterspacher sparte nicht mit Kritik. «Am Pauschenpferd sind wir grottenschlecht im Vergleich zum Vorjahr. Wir müssen da derzeit die Jungen ranlassen, und die haben noch ein bisschen die Hosen voll. Da wartet noch ein bisschen Arbeit auf uns».

Doch die SKV-Turner wollten die Geschenke aus Straubenhardt an diesem Tag gar nicht annehmen. «Das gibt’s doch gar nicht», entfuhr es da selbst einem Matthias Fahrig, der Kummer an diesem Gerät durchaus gewohnt ist. Für Bretschneider war es gar die Schlüsselstelle des Wettkampfs. «Hätten sie sich am Pauschenpferd ein bisschen im Griff gehabt, hätten sie uns auf jeden Fall wieder einholen können», ist er sich sicher. Denn erst danach habe sich die KTV vor nahezu ausverkauftem Haus wieder konzentriert in sicheren Gefilden bewegt. «Und damit war Siegerland gebrochen», fügte er hinzu.

Auch für Marcel Nguyen, mit 15 Punkten Topscorer der Partie, war nicht alles Gold was an diesem Tag in der Straubenhardthalle glänzte. «Ganz zufrieden bin ich mit dem Wettkampf so wie er gelaufen ist nicht», räumte er ein und nahm dabei auch die eigene Leistung nicht aus. «Am Barren habe ich keine gute Übung erwischt. Da hatte ich Probleme mit einem Element, das habe ich rausgenommen. Wenn Siegerland mal einen guten Tag hat, dann wird es gegen die schon ein bisschen schwerer, so wie wir heute geturnt haben». Seine Schulterprobleme trägt der 30-Jährige noch immer mit sich herum. «Mal ist es besser, mal ist es schlechter», berichtete er. Schonung ist angesagt, vor allem an den Ringen. Beim KTT Heilbronn am kommenden Wochenende will Nguyen aber in jedem Fall mit dabei sein. «Ich werde aber nicht alle Geräte turnen», stellte er klar.

Mehr oder minder überraschend gab der Franzose Franzose Zachari Hriméche sein Debüt im Team der KTV. In den ersten beiden Wettkämpfen noch wegen Haarrissen im Fuß noch außer Gefecht gesetzt, trat der Neuzugang nach nur einer Woche Training am Samstag für seinen neuen Club an. Den Tsukahara doppelt gebückt rückwärts (D: 5,6), den er am Sprung anbot, stand er zwar (noch) nicht. «Der war noch nicht so gut. Da brauche ich noch ein paar Wiederholungen mehr», befand der 21 Jahre alte Sprung- und Bodenspezialist. Gerade mit Anton Fokin und dem Armenier Vahagn Davtyan ergänzte er sich nahezu perfekt.

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Die gut gefüllte Straubenhardthalle bot den würdigen Rahmen für den von der DTL als 'Gipfeltreffen' bezeichneten Wettkampf

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