Eichen/Dreis-Tiefenbach. Am Samstag geht es für die SKV in der Bundesliga weiter. Mit dabei Andreas Jurzo, der Ausbildung und Sport miteinander verknüpft.
Der Geruch nach Gummimatten, das Gefühl von schmerzenden Armen auf dem Barren und der wiederholte Versuch, das Pauschenpferd zu bezwingen – wer erinnert sich nicht mehr oder weniger freudig an den Turnunterricht in der Schule?
Für Andreas Jurzo gehören diese Erfahrungen zum Alltag: Sobald der angehende Verfahrensmechaniker seinen Arbeitsplatz im thyssenkrupp-Technikzentrum Siegerland verlässt, geht es zum Training in die Turnhalle – sechs Tage die Woche, vier Stunden pro Tag.
Es ist ein Einsatz, der sich lohnt: Der 19-Jährige ist nicht nur im Endspurt seiner Ausbildung bei thyssenkrupp Steel Europe in Kreuztal-Eichen, sondern auch als Sieger aus dem Pokalwettkampf in Berlin hervorgegangen, der im Sommer im Rahmen des Deutschen Turnfestes stattfand. Mit seiner Mannschaft, der Siegerländer Kunstturn-Vereinigung (SKV), hat er es in der zurückliegenden Bundesliga-Saison auf Platz vier geschafft.
Am Samstag steht nach der Sommerpause die Fortsetzung der Bundesliga-Saison an, geht es zu Meister KTV Straubenhardt. Drei weitere Wettkämpfe folgen bis feststeht, ob es die SKV wie schon 2016 wieder ins „kleine Finale“ der Deutschen Turn-Liga geschafft hat. Dies war im vergangenen Jahr in Ludwigsburg auch für Andreas Jurzo ein großes, bislang einmaliges Erlebnis in seiner Turn-Karriere.
Viel Einsatz erwarten die Teams in Werk- und Turnhalle von ihrem Kameraden und Kollegen. Wie ist das zu schaffen? „Disziplin und Ehrgeiz“, sagt Andreas Jurzo. Der junge Mann weiß seine Leistungen abzurufen und wird daher von seinen SKV-Mannschaftskameraden ebenso geschätzt wie von seinen Arbeitskollegen bei thyssenkrupp.
„Es ist im Beruf halt genauso wie im Sport“, sagt der Auszubildende, der im Stahlbereich von thyssenkrupp auf die Abschlussprüfungen zusteuert: „Von nichts kommt nichts.“ Eine Lehre, die er aus dem Leben zog, denn Andreas Jurzo war nicht von Kindesbeinen an eine Sportskanone: „Als Knirps haben mich meine Eltern zum Kinderturnen geschickt, weil ich kaum Körperspannung hatte und mich ständig verletzte.“
Dass sich aus diesem Einstieg und dem Umweg über den Fußball eine so erfolgreiche Sportlerkarriere entwickeln würde, hat sich im Lauf der Zeit einfach ergeben. „Das Turnen ist immer mehr zu einem Teil von mir geworden“, schmunzelt der Weidenauer. In seinen inzwischen 14 aktiven Jahren hat er sich dem Leistungsturnen mit den sechs Geräten Boden, Pferd, Barren, Reck, Sprung und an den Ringen verschrieben. Seine Spezialgeräte sind Sprung und Boden.
Für weitere Hobbys bleibt keine Zeit, aber das bedeutet für den Vollblutsportler kaum eine Einschränkung: „Ich verbringe fast meine gesamte Zeit in der Turnhalle. Aber da bin ich ja nicht alleine. Meine Freunde und ich trainieren dort gemeinsam.“
Beruf und Freizeit: Ein Spagat zwischen zwei Welten? „Ja“, gibt Andreas Jurzo unumwunden zu. Zeitintensiv sind beide Lebensbereiche. Zwischen Arbeitsplatz und Training im Leistungszentrum in Dreis-Tiefenbach ist alles genau durchgetaktet, Präzision gefragt. „Exaktes Handeln durchzieht mein Leben. Als Verfahrensmechaniker muss man Arbeitsprozesse genauestens abwickeln, und genauso zählen Technik und Können beim Turnen.“
Auch Rücksichtnahme ist ein Thema, damit Andreas Jurzo alles unter einen Hut bringen kann. So gibt ihm sein Arbeitgeber die Möglichkeit, sein Trainingspensum mit der Arbeitszeit zu verbinden. „Ich bekomme schon manchmal zu hören, dass ich verrückt bin“, so Andreas Jurzo, „aber die Kollegen unterstützen mich. Die meisten haben Respekt vor dem, was ich mache.“
Bei allem Erfolg ist er auf dem Teppich geblieben, seine Pläne für die eigene Zukunft sind ehrgeizig, aber realistisch: „Im kommenden Jahr will ich vor allem meine Ausbildung bestmöglich abschließen.“ Mit der SKV geht es, beginnend mit dem Wettkampf gegen Straubenhardt, weiter durch die Sporthallen in ganz Deutschland.
„Mein persönliches Ziel ist neben dem beruflichen Erfolg die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft im nächsten Jahr in Leipzig“, blickt Andreas Jurzo voraus: „Wenn ich meinen Platz dort behaupten kann, bin ich rundum glücklich.“