Glückwunsch Philipp!

Philipp Herder gewinnt die WM-Qualifikation im Kunstturnen

Als einziger Mehrkämpfer im Turn Team Deutschland für die Weltmeisterschaften Anfang Oktober in Montreal/Kanada nominiert

Philipp Herder, seit acht Jahren unsere Nummer 1, wurde seiner Favoritenrolle vollauf gerecht und gewann überlegen die WM-Qualifikation in der Stuttgarter Scharrena vor 2.200 Zuschauern, vor dem ebenfalls im Siegerland bekannten Erfurter Nils Dunkel, der mittlerweile für den Ligakonkurrenten KTV Straubenhardt an die Geräte geht.

Dabei hatte Bundestrainer Andreas Hirsch im Hallen-Interview vor Wettkampfbeginn die Messlatte noch einmal höher gelegt, als er bekannt gab, dass er anstelle der vom Internationalen Turnerbund erlaubten zwei Mehrkämpfer nur einen zur Nominierung vorschlagen würde – neben den Startern an den Einzelgeräten.

Aber auch das brachte den glänzend aufgelegten SKV-Turner Philipp Herder nicht aus der Ruhe. Er turnte einen nahezu fehlerfreien Wettkampf an allen Geräten, mit Wertungen oberhalb von 14 Punkten am Boden, dem Sprung und am Barren. Lediglich mit der kurzen Einturnpause am Seitpferd haderte der mit der gewachsenen Verantwortung als derzeitige Nummer 1 im Turn Team Deutschland sichtlich gereifte Herder im Gespräch mit den nach Stuttgart gereisten SKV-Vorstandsmitgliedern etwas. 

Er war letzter Turner am Boden und hatte hierdurch keine Pause vor dem Einturnen an diesem Gerät, nicht ohne Grund oft auch das „Zittergerät“ der Siegerländer in der Bundesliga. Trotz einiger kleinerer Wackler konnte er seine Übung aber routiniert zu Ende bringen, und als dann auch noch sein Sprung gelang, war vorzeitig klar, dass er von den nachrückenden Turnern nicht mehr abzufangen sein würde. 

Die am Ende von ihm erreichten 82,45 Punkte waren noch einmal deutlich besser als bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin und hätten dort zum Titelgewinn gereicht. Exakt zwei Punkte betrug am Samstag der Abstand zu seinem Berliner Trainingskollegen Nils Dunkel (80,45), der wiederum fast 3 Punkte vor dem Stuttgarter Alexander Maier (77,50) den Wettkampf beendete.

Herder erzielte darüber hinaus – auch im Vergleich mit den Gerätespezialisten – die Tageshöchstnoten am Boden (14,00 Punkte), am Sprung (14,25 Punkte) und am Barren (14,20 Punkte).

Die Sorgenfalten von Bundestrainer Hirsch wurden auch nach dem Qualifikationswettkampf nicht geringer. Zwar meldete sich Andreas Toba (TV Wetzgau) nach mehr als einjähriger Wettkampfpause nach seiner Verletzung bei dem Olympischen Spielen in Rio mit zwei soliden Übungen am Pauschenpferd und an den Ringen wieder zurück, und auch Reck-Spezialist Andreas Bretschneider (KTV Straubenhardt) turnte seine schwierige Übung ohne größeren Fehler zu Ende – es war auch für Bretschneider der erste Wettkampf nach zwei Schulteroperationen in diesem Jahr. Marcel Ngyen als Dritter aus der Olympiariege hingegen konnte nur an den Ringen halbwegs überzeugen, musste aber sein Spezialgerät Barren zwischenzeitlich verlassen. 

Vor allem fehlte aber der verletzte Lukas Dauser (KTV Obere Lahn) als neben Herder derzeit einzigem Mehrkämpfer im DTB, die internationalen Ansprüchen genügen. Zu allem Überfluss brach sich dann noch Youngster Nick Klessing (ebenfalls KTV Obere Lahn) beim Einturnen den Fuß, womit er nicht nur seine Chancen auf eine WM-Teilnahme begraben musste, sondern auch für die Hessen – vor Saison einer der Geheimfavoriten auf den Titelgewinn in der Bundesliga -  bereits der zweite Nationalturner ist, der für längere Zeit ausfallen wird.

Das alles soll aber die Leistung von Philipp Herder nicht schmälern - er machte sein „Ding“, wie er nach dem Wettkampf zufrieden feststellen konnte. Da war dann auch die am selben Abend vom Lenkungsstab des Deutschen Turnerbundes bestätigte Nominierung für die Weltmeisterschaften die logische Folge, immerhin bereits seine dritte WM-Teilnahme nach Nanning/China 2014 und Glasgow/Schottland 2015, und mehr als ein Trost für die entgangene Olympiateilnahme 2016, als er die Reise nach Rio als Ersatzturner antreten musste.