Deutsche Meisterschaften 2018

Positives Fazit der Siegerländer Kunstturnvereinigung nach den Deutschen Meisterschaften in Leipzig: sechs Teilnahmen an den Finalwettbewerben, die Deutsche Meisterschaft für Philipp Herder am Barren, die Bronzemedaille für Dario Sissakis am Sprung, und weitere gute Platzierungen im Mehrkampf.

Bester Mehrkämpfer der im Dreis-Tiefenbacher Zentrum trainierenden Turner war erwartungsgemäß NRW Meister Sebastian Bock, der in seiner sächsischen Heimat die gute Form der letzten Wettkämpfe vollauf bestätigen konnte. Nach einem fast fehlerfreien Mehrkampf – lediglich am Seitpferd musste er einmal das Gerät vorzeitig verlassen – kam er auf den 13. Platz in der Endabrechnung und erreichte zudem das Finale am Reck. Ohne den Fehler am Seitpferd hätte er einen einstelligen Rang erreichen können – so weit vorne war er bei Deutschen Meisterschaften im Seniorenbereich noch nie. Im Reckfinale stockte Sebastian Bock dann noch einmal den Ausgangswert seiner Übung auf, schaffte auch die ersten Flugteile, musste dann aber nach einem Grifffehler das Gerät verlassen und verpasste die mögliche Medaille nur denkbar knapp. 

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Auch Andreas Jurzo erreichte mit der Finalteilnahme am Sprung sein persönliches Ziel bei seiner ersten Teilnahme an Deutschen Meisterschaften überhaupt. Da konnte er das Lehrgeld, welches er im Mehrkampf bezahlen musste, durchaus verschmerzen. Im Sprungfinale zeigte er dann seinen neu einstudierten „Roche“ - ein Überschlag vorwärts mit anschließendem Doppelsalto. Leider musste er nach der Landung mit einer Hand den Boden berühren, was einen Punkt Abzug bedeutete. So verfehlte er die Bronzemedaille um 0,05 Punkte.

Diese ging dann an Teamkamerad Dario Sissakis. Der 20-jährige Berliner, seit dieser Saison fester Bestandteil der Bundesligamannschaft der SKV, zeigte leichtere Sprünge als Andreas Jurzo, dem geringeren Ausgangswert standen dann aber höhere Noten für die Ausführung gegenüber, so dass er am Ende knapp vorne lag. Auch der 23. Platz im Mehrkampf lag im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Ein Wechselbad der Gefühle erlebte Nico Ermert im Mehrkampf. Sein persönliches Ziel hatte der Freudenberger, der neben dem Training für die Deutsche Meisterschaft auch im Vorbereitungsstress für die Abiturprüfungen am Siegerland Kolleg steht, durch die Qualifikation für Leipzig bereits erreicht. Am Barren gelang ihm zum Auftakt eine gute Übung, während er dann am nachfolgenden Reck das Gerät mehrmals verlassen musste – auch hier nach einem an sich gelungenen Auftakt mit zwei schwierigen Flugteilen. Kurzzeitig sah es sogar so aus, als ob er sich am Ellbogen verletzt hätte, konnte dann aber den Wettkampf doch noch zu Ende bringen. Am Ende landete er auf dem 30. Platz.

Unter besonderem Druck stand bei diesen Meisterschaften Philipp Herder, seit Jahren die Nr. 1 im Team des Siegerländer Bundesligisten. Anfang des Jahres noch mit Abstand bester Mehrkämpfer im Turn-Team Deutschland, hatte er einerseits im Laufe der Saison durch die wiedergenesenen Andreas Toba und Lukas Dauser starke Konkurrenten um einen der angestrebten Plätze in der Mannschaft für die Weltmeisterschaften in Qatar in knapp vier Wochen bekommen, andererseits hatte sich seine persönliche Form aber auch sukzessive verschlechtert.

Der Wettkampf in Leipzig begann für den Berliner mit einer sehr starken Übung an den Ringen, die mit 13,950 Punkten belohnt wurde. Beim nachfolgenden Sprung aber dann das an diesem Gerät zu oft gesehene Bild: nicht geglückte Landung, ein Punkt Abzug. Am Barren fing sich Philipp jedoch und zeigte die beste Übung der gesamten Meisterschaften, die mit 14,650 Punkten belohnt wurde. Am Reck sollte das Wechselspiel jedoch weiter gehen: nach vier geglückten Flugteilen ein Fehler bei einem relativ einfachen Teil, wieder ein nicht einkalkulierter Abzug von mindestens einem Punkt. Das Auf und Ab setzte sich dann am Boden (zweitbeste Übung an diesem Gerät aller 36 Teilnehmer) und beim abschließenden Pferdturnen fort – Verlassen des Gerätes, nachdem alle eigentlichen Schwierigkeiten bereits sicher gemeistert worden waren. Am Ende kam Philipp zwar auf den vierten Platz – drei Ränge besser als bei der WM Qualifikation in Stuttgart – aber anstelle der erreichten 78,150 Punkte hätten es auch deutlich mehr als 80 sein können, und das wäre nicht nur die Meisterschaft im Mehrkampf, sondern auch ein deutlicher Fingerzeig an Bundestrainer Andreas Hirsch in Richtung WM-Qualifikation gewesen.

 

So reichten Marcel Nguyen (KTV Straubenhardt) 80,125 Punkte zur zweiten Mehrkampfmeisterschaft nach 2010, vor dem Hannoveraner Andreas Toba (79,000 Punkte) und Ivan Rittschik (KTV Straubenhardt), der auf 78,700 Punkte kam. Lukas Dauser (KTV Obere Lahn), vor zwei Wochen noch Sieger bei der WM-Qualifikation in Stuttgart, erreichte diesmal nur 73,300 Punkte und Rang 20 – so wurde das Rennen um die WM-Plätze wieder offen, zumal sich Andreas Bretschneider (KTV Straubenhardt) beim Einturnen einen Achillessehnenriss zuzog und für Monate ausfallen wird.

 

Dass das Meisterschaftswochenende dann doch noch versöhnlich für Philipp Herder endete, lag an seiner guten Leistung im Barrenfinale. Zwar kam er mit 14,000 nicht mehr ganz an die Note aus dem Mehrkampf, sein erster Platz war am Ende dennoch souverän erturnt und brachte ihm den zweiten Deutschen Meistertitel in seiner Karriere nach dem 1. Platz im Vorjahr am Boden.

 

„Diesmal fällt es nicht so leicht, ein einheitliches Fazit zu den Deutschen Meisterschaften abzugeben. Natürlich ist der Gewinn der Goldmedaille von Philipp am Barren herausragend und Balsam auf seine Seele. Es hätte aber auch die Meisterschaft im Mehrkampf sein können, das wäre mal ein echter Knaller nach einer bisher durchwachsenen Saison gewesen. Gratulation auch Dario für seine Bronzemedaille beim Sprung und an Andreas und Sebastian für das Erreichen der Finalwettbewerbe. Besonders Sebastian macht uns immer wieder Freude bei solchen Wettkämpfen. Er steht im Masterstudium in einem sehr anspruchsvollen Fach, und muss sein Training individuell organisieren. Trotzdem versteht er es immer wieder, auf den Punkt topfit zu sein und mit den Athleten mit zu halten, für die das Turnen den Lebensmittelpunkt darstellt“, so das Fazit des Vorstandsmitglieds Horst-Walter Eckhardt zu dem Abschneiden der SKV-Turner in Leipzig.