Auch nach dem 2. (und offiziell letzten) Qualifikationswettkampf sind die Chancen für die Nr. 1 der Siegerländer Kunstturnvereinigung, Philipp Herder, auf eine Teilnahme an der Heim-WM im Oktober in Stuttgart noch intakt. Der 26-jährige Berliner erreichte Rang 5, mit minimalem Rückstand auf die beiden vor ihm liegenden Konkurrenten.
Klarer Sieger des Qualifikationswettbewerbs der Turner, der mangels eines geeigneten Ausrichters vor nur 100 Zuschauern im Olympiastützpunkt Kienbaum stattfand, war der Hannoveraner Andreas Toba, der nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft vor zwei Wochen seine gute Form nachhaltig unter Beweis stellen konnte und in einem fehlerfreien Wettkampf auch international respektable 83.55 Punkte erreichte. Ihm ist die Qualifikation bereits ebenso sicher wie dem jungen Berliner Karim Rida, der sich diesmal sogar Rang 2 erturnte, nachdem er in Berlin noch eher überraschend die Bronzemedaille gewonnen hatte.
Beide profitierten davon, dass der Rest des auf neun Turner beschränkten Teilnehmerfeldes nicht fehlerfrei über die Runden kam. Das traf leider auch auf Philipp Herder zu, der nach fünf guten Durchgängen klar Kurs auf Rang 3 lag, dann aber am Seitpferd seinem immer noch bestehenden Trainingsrückstand Tribut zollen musste und durch einen Absteiger und Schwächen beim Abgang zwei Punkte einbüßte. Mit seinen 79,70 Punkten lag er am Ende 0,55 Punkte hinter seinem Berliner Trainingskollegen Nils Dunkel, der Dritter wurde, und dem in der Bundesliga für die TG Saar startende Unterhachinger Felix Remuta. Der junge Bayer hatte gar nur 5 Hundertstel Punkte Vorsprung auf Philipp Herder, war aber eben in der Endabrechnung einen Platz besser.
Philipp Herder turnte erneut eine sehr starke Barrenübung mit der Tageshöchstnote an diesem Gerät von 14,25 Punkten, konnte seinen Sprung sicher landen (14,10 Punkte) und zeigte sich auch an den Ringen stark verbessert im Vergleich zu den Deutschen Meisterschaften. Die in Kienbaum erzielten 13,65 Punkte hätten ihm vor zwei Wochen in Berlin den Vizemeister-Titel beschert.
Verlierer des Tages war eindeutig der junge Hallenser Nick Klessing, der zwar an den Ringen mit 14,50 Punkten die Tageshöchstnote erzielte, an allen anderen Geräten aber Stürze bzw. schwere Fehler zu verzeichnen hatte, und mit 76,50 Punkten nur auf Platz 7 kam.
Die Fehlerhäufigkeit wird Bundestrainer Andreas Hirsch am Samstag in Kienbaum ebenso Sorgen im Hinblick auf die bei der WM geforderte Olympiaqualifikation bereitet haben, wie die Schulterprobleme des letzten verbliebenen Turners der Hambüchen-Generation, Marcel Ngyuen, der an den Ringen geschont werden musste, vorher aber auch schon am Boden gestürzt war und auch an den anderen Geräten ungewohnte Schwächen zeigte.
Großer Unbekannter im Hinblick auf die WM-Qualifikation bleibt auch Lukas Dauser, der nach seiner Handverletzung beide Qualifikationswettbewerbe auslassen musste. Ihm soll bis zum Länderkampf gegen Großbritannien und Rumänien am 14. September noch eine Tür nach Stuttgart offen gehalten werden, abhängig von seiner bis dahin erreichten Wettkampffähigkeit.
„Philipp hat an allen Geräten bis auf Seitpferd seine Leistung von Berlin bestätigt oder sogar verbessert. Am Seitpferd ist ihm leider gegen Ende der Übung die Luft etwas ausgegangen, was nach seiner Verletzung und der nachfolgendenTrainingspause immer noch erklärbar ist. Die Situation der Mannschaft ist im Hinblick auf die Olympiaqualifikation leider nicht klarer geworden. Stuttgart wäre für Philipp die 5. WM-Teilnahme in Folge, und seine internationale Routine sollte für ihn sprechen“, so SKV-Präsident Reimund Spies nach der Wettbewerb in Kienbaum.