An diesem Wochenende ist es endlich so weit: die im vorigen Jahr ganz abgesagten und in diesem Jahr bereits einmal verschobenen Deutschen Meisterschaften im Kunstturnen werden stattfinden. Und das gleich in großem Rahmen: als Teil der Finals 2021, die von 4. bis 6. Juni erstmals über vier Tage in Berlin, der Rhein-Ruhr Region und für die Leichtathleten in Braunschweig ausgetragen werden. 18 Sportarten werden ihre Meister küren, ARD und ZDF werden neben Livestream aller Wettbewerbe auch 25 Stunden im Hauptprogramm senden. Mit dabei auch zwei Turner des Siegerländer Bundesligisten SKV. Andreas Jurzo (TG Friesen Klafeld Geisweid) und Fabian Lotz (TSG Niedergirmes) haben sich für die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften im Kunstturnen qualifiziert.
Ursprünglich war der Meisterschafts-Mehrkampf als im Rahmen von Turnen 21 geplant, einer Veranstaltung, die als Ersatz für das abgesagte Deutsche Turnfest Mitte Mai 2021 Leipzig stattfinden sollte, während die Geräte-Finals als Teil der Multisportveranstaltung „Die Finals 2021“ geplant waren. Turnen21 musste aus Corona-Gründen abgesagt werden, so dass die gesamten Meisterschaften jetzt im Rahmen der Finals durchgeführt werden.
In Leipzig hätten die Deutschen Turner in Leipzig ein Jubiläum feiern können – hier fanden 1921 die ersten Deutschen Meisterschaften im Kunstturnen überhaupt statt. Auch damals schon mit Siegerländer Beteiligung: Fritz Klein vom Siegener Turnverein wurde Dritter am Reck. Interessant dabei die Feststellung, dass es 1921 möglich war, nur an einzelnen Geräten um die Meisterkrone zu streiten, während heute die Teilnahme am Mehrkampf Voraussetzung ist, sich auch für ein Gerätefinale qualifizieren zu können.
Seit 1921 nahmen zahlreiche Siegerländer Turner an Deutschen Meisterschaften teil. Am erfolgreichsten war sicher der Eichener Reinhard Dietze, der 1976 Dritter im Mehrkampf und Deutscher Meister am Barren wurde und sich damit als bisher einziger Siegerländer Turner für die Teilnahme an den Olympischen Spielen qualifizieren konnte. 2012 erreichte Jonas Rohleder in Düsseldorf den 12. Platz im Mehrkampf, die beste Platzierung eines Siegerländer Turners in der jüngeren Vergangenheit, sechs Plätze besser vor dem jungen Berliner Philipp Herder, der danach für viele Jahre die Nr. 1 des Siegerländer Bundesligisten war.
Ausgetragen werden die Deutschen Meisterschaften in der Dortmunder Westfalenhalle, mit einem Fassungsvermögen von bis zu 15.000 Zuschauern nach wie vor eine der größten Veranstaltungshallen in Deutschland. Zuschauer werden aber auch in diesem Jahr noch nicht zugelassen, was insbesondere die Siegerländer Kunstturnfreunde und –teilnehmer bedauern werden, hätten die Siegerländer Turner im Gegensatz zu den letzten Meisterschaften, die in Hamburg, Leipzig und zweimal in Berlin ausgetragen wurden, schon beinahe ein Heimspiel gehabt. Für die Teilnehmer ist der Rahmen dennoch außergewöhnlich: wie bei einem großen internationalen Wettbewerb turnen sie auf einem Podium, ARD und ZDF sorgen für eine professionelle Übertragung im Internet und Fernsehen, und die Westfallenhalle erinnert an zwei Weltmeisterschaften (1966 und 1994), die hier vor jeweils vollem Haus ausgetragen wurden.
Fabian Lotz
Sportlich sind die Ambitionen der beiden SKV-Turner ähnlich: einen guten Mehrkampf zu absolvieren (Platzierungen unter den ersten 25 wären ein Erfolg) und vielleicht ein Gerätefinale zu erreichen. Beide haben hier gute Chancen: Fabian Lotz zählt nach wie vor zu den besten Reckturnern in Deutschland, und Andreas Jurzo erreichte gleich bei seiner ersten DM-Teilnahme 2018 in Leipzig das Sprungfinale und verpasste dort eine Medaille nur um 0,05 Punkte.
Fabian Lotz am Reck
Andreas Jurzo ist der einzige Teilnehmer bei den Männern aus NRW und überhaupt der einzige Teilnehmer aus dem Westfälischen Turnerbund, da sich aus dem WTB auch keine Turnerin für die Heim-DM qualifizieren konnte. Er wird in Dortmund wie bei den Bundesligawettkämpen vom Wetzlarer Trainer Ralf Müller betreut, und hat sich dort auch häufiger mit Fabian Lotz zum Training getroffen, weil hier die Geräte anders als im Kunstturnzentrum in Netphen-Dreis-Tiefenbach auch wettkampfgerecht aufgebaut werden können.
Andreas Jurzo
Ihren Mannschaftskameraden die Daumen drücken werden insbesondere Daniel Uhlig, Sebastian Bock und Nico Ermert, die in den Vorjahren regelmäßig an den Deutschen Meisterschaften teilgenommen haben und diesmal fehlen. Daniel Uhlig zog sich Anfang des Jahres eine erneute Knieverletzung zu, Nico Ermert fokussiert sich in diesem Jahr auf sein Studium und Sebastian Bock auf den Berufseinstieg. Alle werden aber im Herbst wieder das SKV-Team in der Kunstturnbundesliga verstärken.
„Nach der langen Wartezeit sollten unsere beiden Turner vor allem die Atmosphäre aufnehmen, wer weiß, wann sich ihnen noch einmal die Gelegenheit bietet, sich in einer solchen Umgebung einem deutschlandweiten Publikum zu präsentieren. Es ist natürlich schade, dass die Meisterschaften ohne Publikum stattfinden, in einer so großen Halle hätte man auch eine moderate Zahl an Zuschauern Corona-Konform unterbringen können. Zahlreiche Kunstturnfreunde aus dem Siegerland hätten den Wettbewerb zu einem echten Heimspiel für unsere Turner gemacht“ so der Kommentar von SKV-Präsident Reimund Spies im Vorfeld der Finals 21.
Favoriten auf den Mehrkampftitel dieser Meisterschaften, die gleichzeitig auch als erste Olympiaqualifikation dienen, sind mit Lukas Dauer (TuS Vinnhorst) und Andreas Toba (TV Wetzgau) die beiden besten deutschen Mehrkämpfer der letzten Jahre.
Der Mehrkampf der Männer findet am Freitag, dem 4.6. um 14.30 Uhr statt, die Gerätefinals am 5. und 6.6. jeweils ab 11:30 Uhr