Gründungsmitglied Siegerländer Kunstturnvereinigung

„Deutsche Turnliga geht in die 50. Jubiläumssaison – das Siegerland von Anfang an dabei“

Als am 3. März 2018 die besten Kunstturnmannschaften Deutschlands an die Geräte gingen, begann damit die 50. Saison der Deutschen Turnliga, ein bemerkenswertes Jubiläum für diese Sportart. Und noch bemerkenswerter aus lokaler Sicht: Kunstturner aus dem Siegerland waren von Anfang an dabei, fürwahr ein deutschlandweites Alleinstellungsmerkmal.

Deutsche Mannschaftsmeister im Kunstturnen gab es schon seit den 30-er Jahren. 1968 wollten die Turner nicht länger hinter den großen Ballsportarten wie Fußball, Handball oder Eishockey zurückstehen und gründeten die Deutsche Kunstturn Bundesliga.

Vorausgegangen war ein längerer Streit zwischen den Kunstturnern und dem Deutschen Turnerbund, einem der größten Sportverbände der Welt, der schon immer – und bis zum heutigen Tag – seine Probleme damit hatte, die olympischen mit den nicht-olympischen Spitzensportarten und den Leistungssport mit dem Breitensport unter einen Hut zu bringen. Eher widerwillig stimmte der DTB der Gründung der Turnliga zu, die dann im Februar 1969 ihren Ligabetrieb aufnahm.

Vorausgegangen war ein Qualifikationswettkampf aller Landesmeister am 1.12.1968 in Göppingen, an dem auch der damalige Westfalenmeister TV Eichen teilnahm. Die Eichener hatten sich im Hinblick auf die Ligateilnahme mit weiteren guten Turnern aus dem Siegerland verstärkt, wie dem Nationalturner Lothar Simon (TG Friesen Klafeld Geisweid), dem herausragenden Mehrkämpfer Jürgen Uhr (TV Niederschelden) oder dem aus dem Saarland gekommenen Turnlehrer Horst Diehl (TV Dreis-Tiefenbach). Zusammen mit dem aus Littfeld stammenden Ernst Nothacker und Jürgen Althaus (dem heutigen Ehrenvorsitzenden der Siegerländer Kunstturnvereinigung) schafften die Eichener es tatsächlich, sich für die zweigleisige 1. Liga für 1969 zu qualifizieren.

Der erste Bundesligawettkampf fand am 22.2.1969 in der Eichener Vereinsturnhalle vor 700 Zuschauern statt. Gegner war kein geringerer als der Deutsche Meister von 1968, die „Bantz-Riege“ der Sporthochschule Köln. Die Kölner Mannschaft bestand ausschließlich aus deutschen Nationalturnern und japanischen Weltklasse-Athleten, die an der Sporthochschule Köln studierten, und ließen der ohnehin verletzungsgeschwächten Eichener Riege keine Chance.

Das Verletzungspech blieb dem TV Eichen dann auch während der gesamten Saison treu, so dass man am Jahresende absteigen musste, während die Kölner erster Deutsche Meister in der Bundesliga wurden.

Schon von Anfang war die Teilnahme in der Turnliga für die Spitzenturner Deutschlands attraktiv, wie die großen Namen dieser Zeit Philipp Fürst, Günter Lyhs oder Eberhard Gienger unter Beweis stellen.

Dennoch wurde in den Folgejahren der Austragungsmodus der Liga häufig geändert, wobei die Interessen der Vereine immer hinter den Anforderungen der Nationaltrainer zurück stehen mussten – ein Umstand, an dem sich übrigens bis zum heutigen Tag trotz vielfältiger Bemühungen seitens der Liga und der Vereine noch nicht viel geändert hat. Immerhin schaffte es die Liga dank der Bemühungen einzelner Turnsportidealisten, die kritischen Anfangsjahre einigermaßen unbeschadet zu überstehen.

Wie ging es im Siegerland weiter?

Die Eichener turnten noch ein paar Jahre recht erfolgreich in der Oberliga, dem damaligen Unterbau der Bundesliga. 1973 wurde auf Initiative des Dreis-Tiefenbacher Schulrektors und Vorsitzenden des dortigen TV Eintracht die Siegerländer Kunstturnvereinigung gegründet, der sich nicht nur die Turner aus dem Ortsverein, sondern aus allen anderen kunstturntreibenden Vereinen aus dem Siegerland anschlossen, auch dem TV Eichen, der bis heute Mitgliedsverein der SKV ist.

Mit der SKV ging es in den Folgejahren steil aufwärts. Erst gelang der Aufstieg in die 2. Bundesliga, die die Oberligen ersetzt hatte. 1975 stieg die SKV (übrigens zusammen mit der TG Saar) dann in die 1. Bundesliga auf, und bereits 1976 erreichte man das Finale und wurde Dritter.

Besonders erfolgreich war man in den Jahren 1978 und 1979, in denen die SKV zweimal hintereinander die Bundesliga gewann und Deutscher Meister wurde. 1979 gewann man zudem noch die vom DTB zusätzlich ausgerichtete Deutsche Vereinsmannschaftsmeisterschaft – ein Wettkampf, der im Zwölfkampf mit Pflicht- und Kürübungen ausgetragen wurde.

Unvergessene Namen aus den Meistermannschaften sind vor allem der allzu früh verstorbene Eichener Nationalturner Reinhard Dietze, die Zwillinge Peter und Manfred Diehl, die aus Itzehoe ins Siegerland gekommen waren, und die „SKV-Eigengewächse“ Manfred Lehmann, Wolfgang Roth, Uwe Hackler, Heinz Rohleder und Helmut Nothacker. Verstärkt hatte sich die SKV durch den Japaner Yasuho Kaneko, wie seine berühmten Vorgänger aus der Gründungszeit der Turnliga Student an der Sporthochschule Köln.

Die SKV konnte sich noch einige Jahre in der 1. Liga halten, musste dann aber viele Jahre in der 2. Liga turnen – nicht zuletzt auch deshalb, weil man immer den Weg verfolgte, den Kern der Mannschaft überwiegend aus selbst ausgebildeten Turnern zusammen zu stellen.

Einen weiteren Aufschwung erlebte die Deutsche Turnliga nach der Wiedervereinigung 1989, als die starken Vereine aus den ostdeutschen Turnzentren in die Liga aufgenommen wurden. Von diesen Vereinen ist heute nur noch der SC Cottbus Turnen in der 1. Liga, klangvolle Namen wie SC Berlin, KTV Chemnitz oder der SV Halle haben sich überwiegend aus Kostengründen aus den männlichen Ligen zurück gezogen.

Aber auch aus den „alten“ Bundesländern sind die meisten Vereine der Gründungszeit nur noch dem Namen nach bekannt. Bayer 04 Leverkusen, Turnabteilung Universität Köln, Turnerbund Oppau, TSV Heusenstamm, SV Neckarsulm, TK Hannover, TSV 1860 München, FC Bayern München – entweder haben diese Vereine den Kunstturnbetrieb eingestellt oder sind in anderen Ligavereinen aufgegangen.

Als einziger Verein aus der Gründungszeit überlebt hat die Siegerländer Kunstturnvereinigung.

2014 noch durch den Rückzug des FC Bayern München eher überraschend in die 1. Liga gekommen und gleich wieder abgestiegen, wurde der Verein 2015 sportlich und wirtschaftlich neu aufgestellt und für einen längerfristigen Wettbewerb in der 1. Liga fit gemacht. Die SKV wurde in jenem Jahr überlegen Meister der 2. Bundesliga Nord und besiegte im Aufstiegsfinale den Südmeister Exquisa Oberbayern deutlich.

Als Neuling konnte die SKV dann 2016 nicht nur die erste Liga halten, sondern erreichte das Finale der vier besten Ligamannschaften. 2017 lief es dann vor allem wegen einer unglücklichen Verletzungsserie der ausländischen Gastturner nicht ganz so gut, der Klassenerhalt konnte aber trotzdem vorzeitig gesichert werden.

Auch 2018 steht der Erhalt der Ligazugehörigkeit für die Mannschaft um den aus Berlin stammenden Nationalturner Philipp Herder, seit fast einem Jahrzehnt Nr. 1 der Siegerländer, den Hallenser Ex-Europameister Matthias Fahrig, zahlreichen Top-Turnern aus mittlerweile fünf Ländern und einem Siegerländer Stamm mit Daniel Uhlig, Nico Ermert, Sebastian Bock und Andreas Jurzo an erster Stelle. Ob es etwas mehr wird, werden die ersten beiden Wettkämpfe bei dem KTT Heilbronn und zu Hause gegen das Andreas-Toba-Team TV Wetzgau zeigen.