Einweihung des Zentrums vor 40 Jahren

Ein beispielgebendes Projekt

Am 13. Dezember 1980 wurde das Zentrum mit einer Feierstunde eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. „Nun begann die Ära von Thorsten Berns, Deutscher Vizemeister der Schüler, Markus Römer, Deutscher Schülermeister, Wolfgang Tittel, Deutscher Jugendmeister am Boden und Ersatzturner bei den Jugend- Europameisterschaften sowie von Sascha Münker, Turner in der Jugend-Nationalmannschaft. Trainer waren Horst Diehl und ab 1981 auch Wolfgang Dreyer, der als Bundestrainer in Dreis-Tiefenbach arbeitete“, berichtet Zeitzeuge Jürgen Uhr, der als Aktiver der Bundesliga-Riege des TV Eichen zum Start der Kunstturn-Bundesliga im Jahre 1969 angehörte und auch heute noch zu den treuesten Wegbegleitern der Siegerländer Kunstturn-Vereinigung (SKV) gehört. Selbst bei weit entfernten Auswärts-Wettkämpfen war der pensionierte Sportlehrer aus Neunkirchen in den letzten Jahren oft mit seiner Kamera dabei.


Um die Gunst des besagten Wolfgang Dreyer hatten die SKV-Verantwortlichen um ihren „Motor“ und Grundschul-Rektor Helmut Schweisfurth intensiv geworben, wie der Siegener Zeitung vom 15. Dezember 1980 zu entnehmen ist.
„Die Siegerländer Kunstturnexperten versuchten sich am Wochenende intensiv im ,Angeln’. Der dicke Fisch, der anbeißen sollte, war ein recht schlanker, ausgesprochen freundlicher Zeitgenosse, dem allerdings nicht viel mehr als das Wort ,vielleicht’ zu entlocken war. Es handelte sich um DTB-Bundestrainer Wolfgang Dreyer, auf den die Siegerländer für das Dreis-Tiefenbacher Leistungszentrum spekulieren. Da Dreyer für die westfälischen Kunstturner zuständig ist, kennt er die einheimischen Asse schon lange. Eine Zusage war Dreyer noch nicht abzuringen, doch er versprach, es sich noch zu überlegen. Vielleicht klappt es doch“, schrieb der langjährige SZ-Sportmitarbeiter Horst F. Kesper in seinem Artikel über das Qualifikationsturnen des DTB-Nationalkaders am Wochenende 13./14. Dezember 1980 in Dreis-Tiefenbach und der Siegerlandhalle in Siegen.


Nur wenig später wurde der Wunsch der SKV-Macher Wirklichkeit, Wolfgang Dreyer heuerte 1981 in Dreis-Tiefenbach an. „Generell hatten wir das unschätzbare Glück und den großen Vorteil, stets auf hervorragende Vorsitzende und Übungsleiter bei der SKV zurückgreifen zu können“, erklärt Jürgen Althaus, der genau wie sein Namensvetter Uhr der ersten Siegerländer Bundesliga-Riege 1969 angehörte und später – von 2000 bis 2010 – als 1. Vorsitzender die Fäden in der Hand hielt. „Was heutzutage Präsident Reimund Spies und Horst-Walter Eckhardt an der Spitze der Vorstandsmannschaft leisten, ist phänomenal. Dieser unglaublich zeitaufwendige Einsatz hat schon einen absolut professionellen Anstrich, und das im Ehrenamt. Der geistige Vater des Zentrums war zweifellos Helmut Schweisfurth, dem wir ja zum 25-jährigen Bestehen der Einrichtung ganz ausdrücklich für sein hohes Engagement gedankt haben“, zeigt sich Althaus begeistert. Ins gleiche Horn stößt Heinz Rohleder als langjähriger aktiver Turner und Vorstandsmitglied: „Helmut Schweisfurth war der maßgebliche Initiator.“

Die SKV profitiert bei ihrer herausragenden Arbeit für den Leistungs-, aber auch für den Breitensport zweifellos von einer sehr speziellen Konstellation: So ist in der Satzung verankert, dass neben dem Vorsitzenden des Siegerland-Turngaus auch der jeweilige Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein und der Bürgermeister der Stadt (früher: der Gemeinde) Netphen dem Beirat angehören. So ist eine enge Zusammenarbeit im Sinne einer Weiterentwicklung des Kunstturn-Leistungszentrums gewährleistet.

Als Vorsitzende hielten Helmut Schweisfurth (1973-1989), Dr. Christoph Wagner (1989-1994), Manfred Lehmann (1994-2000), Jürgen Althaus (2000-2010), Uwe Hackler (2010-2014) und aktuell Reimund Spies (seit 2014/seit 2016 nach einer Satzungsänderung Präsident) das Steuerruder als Vorsitzende in den Händen.
Als Trainer fungierten u.a. Horst Diehl, Alfred Ritz, Michael Schulz, Guus Jägers, Sascha Münker, Dan Burinca sowie Anja Rheinbay und Andreas Kollig.


Nach Einführung des Förderkonzepts des DTB und mit Beginn des Olympia-Zyklus 2004-2008 besitzt das Zentrum in Dreis-Tiefenbach das Zertifikat „Turntalentschule“, verliehen vom Deutschen Turner-Bund (DTB), und dort tummeln sich mittlerweile rund 40 Nachwuchsturner an den sechs Geräten Boden, Seitpferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck.
Im Schweiß treibenden und viel Disziplin erfordernden Training eifern sie ihren großen Vorbildern aus der Männer-Mannschaft nach, die seit der Meisterschaft in der 2. Bundesliga Nord im Jahre 2013 und dem damit verbundenen Wiederaufstieg wieder der Eliteklasse des deutschen Männerturnens angehört und seither bereits zwei Mal das Liga-Finale der Deutschen Turn-Liga (DTL) in Ludwigsburg erreichte – 2016 und 2019.


In der ersten Dekade dieses Jahrtausends richtete die SKV neben dem laufenden Trainingsbetrieb auch ihre Heimwettkämpfe in der 2. Bundesliga im Zentrum in Dreis-Tiefenbach aus, doch mit der zunehmenden Leistungsstärke und damit einhergehend gewachsenen Attraktivität der Riege zog man in größere Hallen um, da das Zuschauerinteresse an dieser olympischen Kernsportart im Siegerland in jüngster Vergangenheit nahezu sprunghaft zugenommen hat. So sind aus den einst eher familiären „Heimspielen“ in Dreis-Tiefenbach längst große Events in Hallen mit wesentlich höherer Zuschauerkapazität (Stählerwiese in Kreuztal, Schießberg-Sporthalle in Geisweid oder neue Giersberg-Sporthalle in Siegen) geworden.


Gleichwohl bleibt die Halle in Dreis-Tiefenbach buchstäblich das „Zentrum der Arbeit“ und das pochende Herz des Turnens im Siegerland. „Ohne das Zentrum hätten wir sicherlich nicht die Möglichkeit, längerfristig eine Mannschaft in der Bundesliga zu etablieren, und die Talentschule ist ein elementarer Baustein auf dem Weg, unsere Stellung im deutschen Kunstturnen nachhaltig zu sichern“, weist der seit 2014 als „Chef“ der SKV amtierende Reimund Spies auf die Bedeutung des in Kürze 40 Jahre alten Leistungszentrums hin, das vor knapp drei Jahren einer gründlichen Renovierung unterzogen wurde und nun als echtes Schmuckkästchen daher kommt.

Das Zentrum wurde in den fast 40 Jahren seines Bestehens von vielen Turngruppen aus Deutschland und der ganzen Welt besucht und war für viele andere, später errichtete Turnzentren beispielgebend.
„Deshalb möchte ich mich im Namen der gesamten SKV ganz herzlich bei all unseren Gönnern und Förderern bedanken, die den Erhalt der Turntalentschule durch ihre Spenden erst möglich machen“, freut sich Präsident Reimund Spies über die zuverlässigen Zuwendung aus den Reihen eines treuen Freundeskreises.

Die 1973 aus dem Gedanken einer „Konzentration der Kräfte“ heraus gegründete Siegerländer Kunstturn-Vereinigung besteht heute aus 55 persönlichen Mitgliedern und den acht Mitgliedsvereinen TV Allenbach, TV Eichen, TV Freudenberg, TG Friesen Klafeld-Geisweid, TV Kredenbach-Lohe, TV Kreuztal, TV „Hoffnung“ Littfeld und VTV Freier Grund.
Siegener Zeitung / Frank Kruppa